powpow movement Hinter Pow Pow Movement verbirgt sich eine Erfolgsgeschichte, wie sie kaum ein anderes Soundsystem in Europa vorweisen kann. Die Kölner haben einen gewaltigen Einfluss auf Reggae in Deutschland ausgeübt, was nicht zuletzt an den Produktionen von Mastermind Ingo Rheinbay liegt. Diese fanden  schon so manches Mal, gevoict durch den ehemaligen MC des Soundsystems, Tilmann Otto aka Gentleman, ihren Weg an die Spitze der deutschen Billboard Charts.powpow.de

 

Gegründet im Jahr 1990 von Selector Ingo Rheinbay und MC Backra, avancierte Pow Pow innerhalb weniger Jahre zu einem der beliebtesten Soundsystems Deutschlands. Spätestens mit der Teilnahme beim WorldClash 2000 konnte Pow Pow auch ohne Sieg international höchste Anerkennung gewinnen und wird nicht erst seitdem so häufig gebucht wie kein zweites Soundsystem in Europa. Im Kölner Petit Prince veranstalten sie seit 1995 jeden Freitag ihren eigenen Dance und führen damit die längste bestehende Partyreihe im Bereich Reggae in ganz Deutschland. Also genügend Gründe, die sympathischen Kölner zu treffen.

BigUp! Wie seid Ihr zum Reggae gekommen?
Ingo: Das erste, an das ich mich im Nachhinein erinnere, ist, dass ich mit 12, 13 Jahren die Reggaeplatten von meinen Eltern zuhause gehört habe - BobMarley, Peter Tosh... Eine Schlüsselszene ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Der Tod von Bob Marley. Im Fernsehen liefen rund um die Uhr Bob Marley Konzerte; ich fand den Typen irgendwie gut, sein Tod war für mich ungewöhnlich schlimm. Im Teenie-Alter hat sich das allerdings wieder etwas verflüchtigt, durch das Skateboard-Fahren bin ich dann eher auf Punk und härtere Sachen abgegangen. Wir waren eine Posse von Leuten, die sich über das Skateboardfahren kannte, unter anderem dieser kleine Tilmann Otto, der damals etwa 14 Jahre alt war... Dann bin ich allerdings wieder auf eine andere Art von Reggae, die ich bis dahin noch nicht kannte, gekommen - das war dann mein erstes Dancehall-Tape, das ich von einem Freund bekam, der hatte das wiederum von jemandem, der das irgendwann einmal aus Jamaika mitgebracht hatte. Ich glaube, das war eines der ersten Stone Love-Tapes. Durch den Einsatz von Mikro war das für mich was ganz anderes als der Reggae, den ich bis dato kannte - völlig faszinierend! Und so bin ich dann halt mit 16, 17 in das ganze Ding reingewachsen... Die andere Seite war  die England-Connection, auch schon David Rodigan. Mein Vater hat in London gearbeitet und immer, wenn ich ihn besucht habe, hing ich den ganzen Tag in dessen Wohnung und schnitt Reggae-Radiosendungen mit. Internet und Mailorder gab es ja noch nicht! Ich kaufte also im Saturn, der seinerzeit schon eine gut sortierte Import-Abteilung hatte, oder in holländischen Coffee-Shops die Platten von Ninjaman, Shabba, Supercat - diese Epoche. Parties gab es auch schon, z.B. wurde David Rodigan von karibik-stämmigen englischen Militärs öfter mal nach Mönchengladbach oder Bielefeld gebucht. Über BFBS haben wir davon mitbekommen und sind dann zu jeder möglichen Party gefahren. Nicht lange danach fing Gerd Gummersbach auch schon an, im Rose Club Reggae aufzulegen.

 

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BigUp! Wie kamt Ihr untereinander in Kontakt bzw. wie kam es zu dem Entschluss, ein eigenes Soundsystem zu gründen?
Ingo: Untereinander kannten wir uns wie gesagt über das Skateboarden. Ein guter Kumpel von mir war Vlado, der später das 7Stars-Sound betrieb. Wir waren schon Reggae-orientiert, als Tilmann, der vorher eher HipHop hörte, auch bald dazu stieß. Tilmann und Mr. Brown - auch vorher HipHopper - gehörten ebenfalls zu unserer „Skate-Posse“, der ganzen frühen Domplattenszene. Außer Reggae und Skateboard fahren gab es für uns eigentlich nicht viel. Vlado war dann der erste, der sich irgendwann einmal ein Ticket klarmachte und nach Jamaika geflogen ist. Als er zurückkam, war er nicht nur total begeistert, sondern hatte auch jede Menge Platten im Koffer, was für uns der ausschlaggebende Grund war, auch so bald wie möglich hinzufliegen. Auf den wenigen Veranstaltungen, die es damals gab, hat man sich natürlich auch immer wieder gesehen. So lernten wir Devon kennen - der erste Jamaikaner, den ich kennen lernte! Devon kam über seine damalige Frau nach Deutschland und war eigentlich auf jedem Dance.
Devon: Ich bin 1989 nach Deutschland gekommen. Ich hatte mich dann nach Läden umgesehen, in die man abends gehen konnte. So habe ich dann im Rose Club bei Gerd Gummersbach den kleinen Mr. Tilmann kennen gelernt, der von sich meinte, er wolle Artist werden. Ich sagte daraufhin nur ‚Ja super, cool‘, aber in erster Linie wollte ich einen Platz finden, wo ich meine „Heimatmusik“ hören konnte. Das war dann entweder bei Gerd Gummersbach oder bei den so genannten „illegalen“ Partys, bei denen irgendwo auf einer Wiese ein Sound aufgebaut war. Dadurch habe ich die Jungs von Pow Pow kennen gelernt, die später auch im Petit Prince aufgelegt haben. Vorher war ich auch im Prince, da lief immer afrikanische Musik. So bin ich bei Pow Pow geblieben, denn diese Jungs haben mir sozusagen ein Stück Heimat wiedergegeben. Ansonsten wurden höchstens mal Bob Marley oder Shabba Ranks, die gerade sehr populär waren, gespielt. Die Jungs waren einfach total begeistert und hatten Spaß und das war für mich das wichtigste.



BigUp! Hattest du denn in Jamaika auch schon aktiv mit Musik zu tun?
Devon: Eigentlich nicht; ich war Bademeister! Ich war ein braver Junge und war nur als Gast in Diskotheken. Ich hatte nie das Gefühl, dass die Musik meine Bestimmung ist, obwohl ich mich auskannte und wusste, was läuft. Aber Mitglied in einem Soundsystem war ich vor meiner Zeit bei Pow Pow nicht. Allerdings wusste ich da von Anfang an, dass ich MC sein wollte - auf selecten hatte ich keine Lust, mir lag eher die Kommunikation mit der Massive. Erst habe ich mir damit schwer getan, aber es wurde immer besser. Es war halt alles aus dem Spaß an der Musik geboren!

BigUp! Wie und wann waren denn Eure ersten Partys? Und was für Publikum war da, denn so was wie eine „Reggae-Massive“ gab es ja noch nicht?
Ingo: Das stimmt. Die erste Party war im damaligen Rhenania. Das gehörte eher zur links-autonomen Szene, wodurch man den Raum günstig mieten konnte. Wir haben dann all unsere Platten, was noch nicht viele waren, zusammen geschmissen... Bei der ersten Party waren auch einige Live-Acts, z.B. die heutige Killin Riddim Section, als Shorty und Engin noch gesungen haben! Dann noch Scope, Chicken George, Rick Ski, Don Abi - wir hatten das ganze zwar als Reggae-Party bezeichnet, hatten aber noch gar nicht genug Reggae-Platten für einen ganzen Abend, so dass  wir auch HipHop gespielt haben. Dadurch wurde das ganze aber auch irgendwie zu einem großen Happening. Außerdem spielten wir nur reine „Tanzmusik“, also kein Bob Marley, kein Roots, sondern nur Dancehall und HipHop. Auf dem Flyer - damals noch handgemalt! - war eine Pistole, die auf den Betrachter gerichtet war. Um den Lauf herum stand „Pow Pow!“; ein Pow für Dancehall, eins für HipHop... Also Raum gemietet und einfach mal sehen, was geht... Insgesamt war es ein totaler Erfolg, ein supergeiler Abend - etwas chaotisch, weil so viele da waren und jeder mal was machen wollte, egal ob auflegen oder singen oder rappen. Danach war uns klar, das wir die nächste Party machen wollten. Das fand im Frühjahr statt; im Sommer haben wir dann auf den Poller Wiesen unsere ersten Partys draußen gemacht, komplett mit LKW etc. Für uns war wichtig, dass wir nicht von einem Club abhängig waren, sondern komplett unser eigenes Ding machen konnten - original jamaican soundsystem style! Club machte man damals quasi nicht... Wir haben dann auch angefangen, an den Wochenenden unser eigenes Soundsystem aufzubauen, Boxentürme zusammengeschraubt etc...

 

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BigUp! Ist denn durch die Party bzw. durch den Flyer dann auch der Name „Pow Pow“ entstanden?
Ingo: Ja, genau. Der Flyer von der zweiten Party war dem ersten vom Layout sehr ähnlich, wir haben das dann auch „Pow Pow“ genannt - irgendwann stand dann halt nur noch „Pow Pow“, ohne Pistole, drauf. Als wir uns dann entschlossen haben, ein Soundsystem zu gründen - ursprünglich wollten wir ja nur eine Party machen, um unsere eigene Musik zu hören! - hat sich das daraus ergeben. Zu der Zeit, ca. 1992, bin ich dann auch das erste Mal nach Jamaika geflogen - zusammen mit Alfred (Backra), Chicken George und Tilmann. Da haben wir dann in einem ziemlich abgefuckten Studio in Montego Bay unsere ersten paar Dubs gevoict - das allererste war eine Combination von Tilmann, also Gentleman, mit einem Ghetto Girl namens Patricia. Die haben wir auch noch... Damals ist jeder Artist, der sich in Montego herumgetrieben hat, ins Studio gekommen, weil sich das Gerücht verbreitet hatte, dass da ein paar weiße Jungs seien, die Dubplates machen lassen wollten. Damals wurden die Dubplates noch direkt vom Mikrofon ins Plate geritzt, was oft dazu führte, dass auch Fehler mit eingeritzt wurden! In Montego Bay gab es dann noch eine Talentshow, zu der wir mit Chicken George gegangen sind. Die Jammys haben sich totgelacht über den Weißen mit dem albernen Namen; als Chicken George dann noch zur Band meinte ‚Gimme di Punanny riddim!‘, sind sie dann völlig ausgerastet und haben Forwards ohne Ende gegeben, wie ich es bis heute nicht mehr erlebt habe: Ein Weißbrot, das auf deren Sprache Musik macht! Tilmann hat schon gepennt, den haben wir dann auch noch geholt - der hat dann das gleiche gemacht und noch mal dieselbe Reaktion erzielt! Am nächsten Morgen waren wir dann das Stadtgespräch in Glenn Devon, was dazu geführt hat, dass wir von einem Soundsystem namens King-A-Tone eingeladen wurden. Das waren alte Jungs, die in den 60ern mal ein dicker Sound waren. Denen haben wir eine Flasche Rum mitgebracht und die haben uns dann, während wir uns mit denen volllaufen liessen, die ganzen alten Studio One Sachen gezeigt, uns an ihrem Foundation-Wissen teilhaben lassen und uns ihr Toasting gezeigt. Das war für uns alle ein ganz entscheidender Trip und hat uns im Nachhinein schon sehr geprägt.

BigUp! Hat diese Studio One- Session denn auch Euren Musikgeschmack geprägt?
Ingo: Ich habe mir bei dieser Session jeden einzelnen Tune aufgeschrieben - wirklich jeden! Aber trotzdem bin ich danach nicht soo auf Foundation abgegangen, das kam dann erst relativ spät. Bis dahin kannte ich kaum Studio One Sachen. Damals war halt Raggamuffin angesagt, die ganz schnellen Sachen aus England. Daddy Freddy hatte seine erste Platte gemacht; Shabba, Supercat, Ninjaman, diese ganzen Badman-Dinger - das hat uns viel mehr angesprochen. Wir waren ein reines Dancehall-Soundsystem. Dass wir das erste Mal Bob Marley gespielt haben, ist auch noch gar nicht so lange her...

BigUp! Devon, wie war das für dich, als die Jungs das erste Mal aus Jamaika zurückgekommen sind und Studio One „entdeckt“ hatten?
Devon: In erster Linie hat es mich gefreut, dass die Jungs überhaupt dahin gefahren sind und sich den Ursprung der ganzen Kultur angesehen haben! Glenn Devon ist nicht weit von meiner Heimat entfernt, ca. 2 km; ein wirkliches Ghetto. Das hat mich beeindruckt, dass sie nicht in irgendwelche Tourismus-Gegenden gefahren sind, sondern sich das echte, authentische Jamaika angesehen haben und total begeistert zurückkamen. Da wusste ich, dass sie das Ganze ernst meinten.
Ingo: Da, wo wir waren, in Montego Bay, gab es ja auch Tourismus. Wir sind auch immer wieder mal auf Deutsche gestoßen. Aber wir wollten wissen, wo die Musik herkommt, wir wussten ja, dass es „Ghetto-Musik“ ist, und diesen Ursprung wollten wir kennen lernen. Am ersten Abend haben wir ein paar Jungs kennen gelernt, die erfahren hatten, dass wir uns für die Musik interessieren, und nach ein paar Drinks haben sie uns dann auf einen Dance eingeladen. Wir also mit denen im Auto quer durchs Country gefahren, bis wir mitten in der Nacht in einer stockdunklen Stadt angekommen sind, mit Matschwegen statt Straßen. Da gab es dann nur eine funzelige Glühbirne, dafür aber riesige Boxentürme und einen wahnsinnigen Sound. Die Leute haben teilweise auf den Dächern getanzt. Wir mittendrin als Weißbrote, mit Schlappen und total dreckig vom Matsch... Kurzzeitig gab es dann noch ein wenig Trouble wegen unserer Hautfarbe - in diesem Moment,  und dann noch Jahre später einmal in New York hatte ich wirklich kurzzeitig etwas Bedenken... Jedenfalls war das Ganze wie ein surrealer Traum und eine ziemliche Erfahrung.



BigUp! Was ist eigentlich an dem Gerücht dran, dass Ihr wegen der Partys an den Poller Wiesen Ärger mit der GEMA bekommen habt?
Ingo: Eher von der Polizei! Mit denen haben wir uns damals gerne angelegt. Wir wollten ja alles so richtig jamaikanisch, und auf Jamaika hört man nachts halt bis zu 10 km weit den Bass der Soundsystems... Dementsprechend wurden unsere Boxentürme immer größer und fetter... Meist stand die Polizei gegen Mitternacht da und forderte uns auf, die Lautstärke runterzudrehen. Das haben wir dann gemacht, die Polizei ist wieder weg, wir wieder lauter gemacht, Polizei kam wieder an... Einmal war es besonders krass, da war die Polizei richtig aggressiv, weil sie wahrscheinlich wegen der Lighter dachten, wir hätten Flammenwerfer und deswegen geradezu militant aufgetreten sind und auch unseren Stromgenerator konfisziert haben. Wir haben uns da eine Menge Anzeigen eingehandelt und auch richtig Kohle gelöhnt. Trotz des Gedankens, das Ganze nicht sterben zu lassen, kamen wir irgendwann an den Punkt, an dem es dadurch einfach nicht mehr ging. Das war 1995 und hat sich zeitlich überschnitten mit der ersten Anfrage vom Prince...

BigUp! Wie kam der Kontakt zum Petit Prince denn genau zustande?
Ingo: Im Prince gab es damals wie gesagt auch schon Partys mit afrikanischer Musik und Salsa. Freitags waren da auch fast nur Afrikaner. Nachdem der damalige DJ der Freitags-Party an Krebs gestorben war, suchte der Chef vom Prince einen Ersatz und ist so auf uns gestoßen. Wir waren uns anfänglich nicht sicher, da wir ja unsere Unabhängigkeit und Freiheit bewahren wollten - außerdem wollten wir auf gar keinen Fall auf deren Hausanlage spielen, was dazu geführt hat, dass wir während der ersten zwei Jahre jeden Freitag unsere kompletten Boxensysteme in den Club geschleppt und unseren eigenen Sound gefahren haben. Wir wollten halt auch kein DJ sein, sondern ein echtes Soundsystem, das war uns sehr wichtig. Mittlerweile verrottet das ganze Soundsystem im Keller... Damals waren wir meines Wissens nach das einzige Soundsystem, dass diesen Schritt gemacht hat und sich von einem Club fest buchen ließ, um da regelmäßig zu spielen.
Devon: Ich bin wie viele, die auf Reggae abgegangen sind, vorher auch schon ins Prince gegangen. Da waren die Parties aber noch richtig Disco- Style. Als die Jungs von PowPow mit ihrem Soundsystem kamen und die ganzen Leute, die die Tunes schon von den illegalen Partys kannten, im Club die Tunes mitgesungen haben, gab mir das das Gefühl, da angekommen zu sein, wo die Leute die Musik meiner Heimat verstanden haben. Das war für mich natürlich auch ein Anreiz, bei Pow Pow mitzuwirken.

BigUp! Ihr hattet erwähnt, dass Gentleman und Chicken George in Jamaika aufgetreten sind. Woher hatten die ihr Patois- Wissen? Hat Devon ihnen das beigebracht?
Ingo: Nee, das haben wir uns alle selber beigebracht. Tilmann, der ja von Anfang an Artist werden wollte, hatte derart Feuer gefangen, dass er kurz nach unserem ersten Trip nach Jamaika mit 17 oder 18 Jahren alleine, nur mit einer Adresse in der Tasche und ohne Englisch-Kenntnisse für 2-3 Monate wieder nach Jamaika. Da hat er dann durch das tägliche Leben sozusagen notgedrungen Patois gelernt. Der kann bis heute nur Patois statt Englisch. Wir haben auch, so albern das jetzt klingt, untereinander Patois gesprochen, einfach weil wir es lernen wollten. Und wenn wir doch mal was nicht wussten, konnten wir ja immer noch Devon fragen. /.../

BigUp!
Carl, haben Devon und Backra auf deinen MC- Style Einfluss genommen?
Carl: Klar, Devon ist ja so was wie mein Sparringspartner. Und Backra war für mich im Alter von 16, 17 so was wie mein Idol - so wie für andere Michael Jackson (alle lachen)! Als ich bei Pow Pow angefangen habe, war das für mich anfangs auch schwierig, mit dem ein normales Wort zu reden, weil es ja mein persönlicher Superstar war. Die beiden haben mich also schon ziemlich beeinflusst.

BigUp! hr habt ja eine relativ steile Karriere hinter euch. Woran lag es? An eurem besonderen bzw. einzigartigen Style? Wie habt Ihr es bis zum Worldclash geschafft?
Ingo: Steil würde ich nicht unbedingt sagen. Man muss auch mal sehen, wie lange wir schon am Start sind; wir haben es ja auch nicht immer leicht gehabt! Ich sehe das als Ergebnis von jahrelanger (guter) Arbeit verknüpft mit der Tatsache, dass wir alle mit vollem Herzen dabei sind und Reggae leben und lieben. Wir haben Reggae ja auch schon vor dem großen Boom in Köln promotet und davon dann natürlich auch profitiert. Der Worldclash ist deswegen auch in meinen Augen eher eine logische Konsequenz. Ähnlich wie Mighty Crown oder One Love, die einen ganz ähnlichen Weg gegangen sind wie wir, haben wir auch von Anfang an uns nur an jamaikanischem Reggae, an jamaikanischen Sounds und Artists orientiert, nie auf deutsch getoastet etc. Über die Jahre konnten wir damit dann halt auch auf Jamaika Aufmerksamkeit erregen. /.../

Fragen zum World Clash - soon online

BigUp!
Wie kamst du zum produzieren, und wie kamen die Kontakte zu den grossen Artist zustande?
Ingo: Die Idee ein eigenes Label zu gründen war schon lange da. Da wir über die Jahre hinweg viele PowPow Dubplates machten, auch oft auf Jamaika waren, hatten wir sehr viele Kontakte zu Artists. Diese fragten uns immer öfter, ob wir nicht mal eine richtige 45 machen wollten anstatt Dubplates. Die Idee war aber auch schon zuvor vorhanden. Beim Auflegen dachte ich öfter: Der Artist und dieser Beat/Riddim wär perfekt, sprich da hatte ich schon Ideen was eigenes zu machen, nur an Labelgründung dachte ich noch nicht. Der ersten Riddim den wir umsetzten und raus brachten, „Celebrate“, war auch gleich ein großer Erfolg. Der Flow, der Vibe und der Zeitpunkt stimmten und so kam der Riddim einfach super bei den Leuten an. Vor allem die darauf gevoicten Songs des damals in Deutschland relativ unbekannten Turbulence „Celebrate“ und Gentlemans „Runaway“ wurden Mega Hits.
International, durch Gentlemans Single-Veröffentlichung + Video wurde unser Release überall auf Dances, Radio und TV-Stationen gespielt, was uns natürlich sehr hilfreich war und bekannt machte. Nach diesem ersten Erfolg war die eigene Meßlatte sehr hoch gesteckt und wir wollten beim nächsten nichts unterbieten. Doch mit „Shanty Town“, einem alten Skariddim, besetzt mit aktuellen Künstlern landeten wir den nächsten Clou. Die Idee hierfür kam durch unser Luciano „Love and Devotion“ Dubplate, einem alten Wailers Song. Meiner  Meinung nach musste dies der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden und so produzierte ich nachdem ich erst versuchte Lizenzen für das Original zu bekommen den „Shanty Town-Riddim“, der seit dem Erscheinen 2002 noch bis heute nachgepresst wird. Wahnsinn!

 

 


 

ingo pow pow


BigUp!
Bist du dann mit einem bestimmten Wunsch-Artistliste nach Jamaika geflogen, Riddims im Gepäck oder nach dem Motto: Erst mal sehen was sich so ergibt?
Ingo: Ich hatte schon eine Vorstellung, wen ich gerne da drauf haben möchte. Turbulence und Gentleman waren von vornherein klar. Luciano und die anderen Artists, die auf unseren ersten Riddims sind, kannten wir durch die vielen Dubplate Aufnahmen, teilweise schon seit 10 Jahren. Bei meinen Jamaika Aufenthalten hing ich auch immer wieder mit Leuten ab,  lernte dadurch auch One Love und z.B. Mighty Crown kennen, oder auch General Degree & Jah Mason, die den Riddim toll fanden. Super für uns war auch das Interesse von Beenie Man. Dieser war damals auf Promotour unterwegs und wir tourten mit ihm für ne Woche bis Paris. Nach dem „legendären“ Geheimgig in Köln zusammen mit Gentleman, wo Beenie auch erstmals den Riddim und Tilmanns Song darauf hörte, meinte er nur noch: „morgen gehen wir ins Studio und nehmen einen Tune auf!“

BigUp! Gibt es auch Künstler mit denen es nicht geklappt hat, die du aber auf der Liste hattest?
Ingo: Bei den ersten Riddims nicht, aber es gab später auch ein paar Sachen die nicht geklappt haben. Durch Gründe wie unpassender Vibe, die Verhandlungen,Terminprobleme, usw. kommt sowas schon mal vor. Außerdem hab ich bestimmte Vorstellungen wie was sein soll, werden die nicht erfüllt lass ich es bleiben. Bewährt haben sich da Turbulence und andere PowPow Künstler, mit denen man immer wieder gerne etwas macht. Oft kommen auch junge Artists auf uns zu, oder befreundete Künstler schleppen sie mit ins Studio und fragen bei uns an, passt alles featuren wir auch Newcomer. Inzwischen kennt uns bzw. die PowPow Veröffentlichungen in Jamaika jedes Kind, durch die Videos zu Runaway und Superior. Für uns war das auch ein Grund unsere Releases nicht nur über Europa sondern auch über Jamaika zu vertreiben. Das brachte zusätzlichen Verkaufserfolg

BigUp!
! Gibt es da Zahlen?
Ingo: Die hab ich leider nicht im Kopf. Damals war es eh anders im Vergleich zu heute mit den Verkaufszahlen. Der Shanty Town ist auch nach Japan und andere Länder gegangen. Das muss dann extra und richtig promotet werden, da es ein ganz anderer Markt ist. Nach der 2., 3.Selection haben wir angefangen das richtig zu promoten und zu nutzen. Unsere vielen Kontakte in Amerika, Kanada usw. wurden weiter aus- und aufgebaut, um so den weltweiten Markt zu erreichen. Nur allein von Deutschland aus ist es schwer, einen Song in Jamaika, USA oder Japan zu platzieren. Mit unserem dritten Riddim „Blaze“ war das dann ein ganz anderes Level. Den zuvor erschienenen Shanty Town nahm man in vielen Ländern wahr und er verkaufte sich gut, aber was uns als Soundystem, Producer und Label weltweit bekannt gemacht hatte, war Richie Spice mit seinem „ Blood again“ auf dem Blaze-Riddim. Nach „Earth a run Red“ seine zweitbeste Single bis dato.

BigUp! War das also euer größter Erflog bisher?
Ingo: International, waren das Blaze und Superior. „Blood again“ von Richie kennt jeder in Jamaika und der Song läuft da heute noch immer im Radio. Superior aber allerdings auch, denn es war erstens die erfolgreichste Singleauskopplung Gentlemans bisher und zweitens wurde sein letztes Album mit Platin ausgezeichnet; ein Level, an das z.B. ein Richie Spice Album nicht rankommt.

BigUp! Bei der neuen Selection Overstand, sind mir ein paar unbekannte Artists aufgefallen, die ich persönlich aber auch schon bei Myspace entdeckt hatte- Wie bist du auf Die gestossen?
Ingo: Bei jeder Selection waren ein paar unbekanntere Artists dabei, was ich für sehr wichtig halte. Neuen Artist muss man eine Chance geben mitzuwirken. In Jamaika wird das kaum beachtet, da hat man wenig Chancen ohne einen großen Namen, es sei denn, man hat mal einen Hit gehabt. Dabei gibt es dort ohne Ende Talente die gefördert werden müssten. Ich lerne diese meist auf meinen Reisen oder auch schon mal übers Netz kennen. Meist lass ich mir die Sachen dann zuschicken und wenn es gut ist und alles passt, kommt es auf die Selections. Jeder soll eine Chance bekommen und wenn sie später wie Turbulence auch durch uns „Groß“ werden ist das schon ein sehr gutes Gefühl.

BigUp! IWie kam es zu Elijah Prophets Album?
Ingo: Mit Elijah verbindet mich eine lange Freundschaft seit Mitte der 90er Jahre, als er uns mal spontan ein Dub eingesungen hatte. Das hat mich vom Gesang total umgehauen. Ich mochte seine Performance, seinen Style und seine Stimme und wunderte mich warum den keiner kennt. Manchmal ist es leider so, das nicht jeder gute Künstler eine Chance in Jamaika bekommt. Zu viele Polittricks sind meist der Hauptgrund. Irgendwann fragte mich Elijah dann ob wir nicht mal ein Album machen könnten. Für mich war das sozusagen etwas Neues. Klar, mit der Anzahl der Turbulence Tunes die ich von ihm habe, hätte ich auch schon ein Album machen können, aber er hat einfach zu viele Alben released in den letzten Jahren- finde ich.  Da ich zu Elijah Prophet einen guten Bezug und Bock drauf hatte willigte ich ein. Im Endeffekt ist auch alles gut gelaufen mit den Verkäufen. Auf Jamaika nicht so sehr, aber es ist auch schwierig(er) dort. In Europa wurde es gut angenommen, was mich auch anspornt weitere ganze Alben mit anderen Künstlern zu produzieren.

BigUp! Welche weiteren Alben sind geplant?
Ingo: Im Moment arbeite ich am Debut- Album von  „Zareb“, einigen auch als Mister Flash bekannt, vor allem durch die Combination mit Fantan Mojah “ Rastafari is the ruler“ auf dessen Album. Das Album wird dann wohl so im September / Oktober erscheinen. Darauf wird es einige ziemlich gute Combinations und verschiedene Produzenten zu hören geben: PowPow, Bobby Digital, Soulvybez aus Frankreich, High Score aus Schweden. Eine gute Mischung also um nicht eintönig zu sein. Kennen gelernt habe ich Zareb über Fantan Mojah, Ende letzen Jahres, Beim voicen von Fantan‘s Tune auf dem „Overstand“ Riddim. Er gehört mit zur „Macka Tree“- Crew und wollte auch einen Tune auf dem „Overstand“ einsingen. Der Song ist gut geworden, nur bei den vielen Artists auf dem Riddim ein wenig untergegangen. Später kam dann die Frage ob wir nicht zusammen ein Album machen könnten. Was ich an ihm mag ist, das Zareb ein Künstler ist, der sich selber sehr bemüht. Er hat eben erst angerufen, ist da sehr hinterher. Nur noch nicht so bekannt, was sich ändern sollte mit dem Albumrelease. Es wird ein zeitloses schönes Rootsalbum, jeder Song hat Energy!



BigUp! Sind auch weitere Riddims geplant?
Ingo: Ja, ich arbeite zur Zeit an 3 Riddims - einem Dancehall und zwei Rootsriddims. Zwei davon sind fertig, einer von diesen geht in Richtung Rub a Dub, für den ich schon einen Tune mit Eek a Mouse aufgenommen habe. So ne Art 80‘s Revival Style wird man dann hören können. Ein neuer Gentleman Song „respond to yourself“ wird auf seinem neuen Album „another intesity diesen Monat erscheinen. Der Dancehall Riddim geht in Richtung „Celebrate“. Ist einfach mein persönlicher Geschmack und hebt sich von den neueren harten Dancehall-Productionen Geschichten ab. Die neuen Sachen sind zwar gut, aber oft nicht tanzbar. Daher tendiere ich mehr zu melodiösen Riddims mit Flow und Soul. Der Gladiator 2005, einer unserer Dancehall Riddims, war zu seiner Zeit fast nicht mehr zeitgemäß, da er etwas spät fertig wurde. Daher baue ich auch am liebsten Riddims bei denen man nicht darauf achten muss was gerade aktuell ist, da man „zeitlos“ arbeitet. Ich bin so auch nicht gezwungen die gerade angesagtesten Artists drauf zu haben und kann ohne Druck arbeiten.

BigUp! Da hast du ein gutes Händchen dafür, was gerade „up to date“ ist. Momentan ist mehr der Modern Roots gefragt. Wo holst du dir deine Informationen was gerade in ist?
Ingo: Die Infos kommen einfach so durchs beobachten und reisen. Unser Haupttagesgeschäft ist immer noch das Soundsystem, kennen dadurch jede Szene in Europa und wissen was da abgeht. Ich muss mich nicht wirklich orientieren, weil moderner Rootsreggae ja eigentlich zeitlos ist. Unterscheiden kann man da nur ob mit Computer oder Live eingespielt. Bei Rootsriddims hat ein Live eingespielter Riddim für mich mehr Feeling, aber ich habe beides schon produziert.

BigUp! Hast du da eigene Musiker?
Ingo: Nein, aber ich arbeite mit verschiedenen  Musikern. Mal arbeite ich mit Teilen der Fire House Crew, oder auch mit deutschen Musikern. Je nachdem wo ich gerade bin und aufnehme. Generell hab ich aber auf Jamaika viele gute Connections zu Musikern aus den unterschiedlichsten Bands wie Dean Frasier oder Bongo Hermann. Auf der Insel ist das wie in einer großen Familie: Ich bin von Studio zu Studio unterwegs, und treffe dort  Musiker, Studiobetreiber, Artists und die Engineers.  Kennt man sich noch nicht, stellt man sich einfach vor oder wird vorgestellt. Zum Glück ist es inzwischen so, das Pow Pow  bekannt ist und den Leuten dort ein Begriff ist, was es um ein vielfaches einfacher macht dort zusammenzuarbeiten. Wenn man von Null anfangen müsste auf Jamaika, noch dazu aus Deutschland kommend, wäre das schon schwer bis fast unmöglich, so ganz ohne Hilfe.

BigUp! Welche Projekte stehen 2007 an?
Ingo: Da gibt es eine Menge, das Jahr ist ja erst zur Hälfte um. Zum einen eben die Produktionen: Erst eine Pow Pow Remix 7“ Miss Platnum (B-Side Voicemail) im August, die neue Mix CD Roots & Culture Vol. 23 im August, dann 2 neue Riddims im September und November, eine neue Pow Pow Kollektion (2 T-Shirts, 1 Longsleeve, 1 Kapuzenjacke) bei Irie Daily im September, das Album von Zareb (Mr.Flash) im Oktober und ein 3 Artist-Album (Turbulence, Jah Mason, Anthony B) im Dezember. Mit dem Soundsystem werden wir natürlich alle unsere Dates in ganz Europa abspielen, die auch alle schon feststehen was wir aber noch vorhaben ist die Präsentation des „KILL OR BE KILLED“ Clashs mit 4 Nachwuchssounds am 17. November im Kölner Gloria.
Carl: PowPow veranstaltete ja schon 2001 einen Clash um zu sehen wer gut dabei ist in der Szene, und Sounds wie Supersonic und Sentinel, die damals teilnahmen zählen ja heute auch wirklich zu den Großen. Da dies nun schon ein paar Jahre zurückliegt war es an der Zeit so etwas zu wiederholen. Da wir selbst fast überall spielen und viele Sounds kennen, haben wir in einem demokratischen Auswahlverfahren 4 Sounds ausgesiebt. Da wir mit vielen Sound befreundet sind, war das nicht einfach. Entschieden haben wir uns für Herbalize It (NL), Warriorsound Intl (GER), Soundbwoys Destiny (GER) und Ruffpack (CH), um zu sehen wer die neue Generation ist. Bei dem Clash arbeiten wir auch mit Raggakings.net zusammen, die mit uns diese Veranstaltung promoten. Viele haben mich auch, nachdem sie erfahren hatten das wir „Kill or be Killed“ organisieren gefragt wieso sie nicht berücksichtigt wurden, denn so was wär genau ihr Ding.... Denen kann ich nur sagen: wenn alles gut läuft wird das Ganze eh wiederholt.
Ingo: Auf jeden Fall! Geplant ist eine richtige Serie. Mit unserem Soundnamen stehen wir ja auch für gute Qualität, man kann also sicher sein das es keine Idiotclashs werden, sondern Clashs auf einem hohen Level. Hauptsächlich geht es darum den Nachwuchs zu fördern und zu unterstützen. Wir haben ja auch selbst an einigen Clashes teilgenommen, nur ist unsere aktive Zeit vorbei, deshalb gilt es fähige Newcomer zu promoten, wo wir dann auch gerne Unterstützen und mit unseren Namen dahinter stehen.

BigUp! Habt Ihr noch Wünsche/Ziele?
Ingo: Ja, schon. was die Productions betrifft möchte ich einfach weiterhin viel gute, erfolgreiche Musik releasen und stets Spaß dabei haben. Es gibt auch einiges was ich noch mit den verschiedensten Künstlern verwirklichen möchte, auch außerhalb der Reggaemusik. Reggae ist zwar mein „Mainding“ aber auch andere Genres sind interessant, denn Musik und Lifestyle sind mein Leben. Ich würde halt gerne das Label auf andere Musiksparten die ich mag ausweiten, mit neuen Künstlern arbeiten und diese fördern. Ich denke das wird die Zukunft mit sich bringen. Ansonsten plane ich noch ein Projekt mit Warrior King, was auch gut aussieht und auch mit Sizzla und Richie Spice würde ich gerne mehr machen, was bisher aus Zeitgründen nicht klappte.
Mit Gentleman werde ich weiterhin was machen, da er für mich als Freund, aber auch als Künstler mit zu den Besten gehört und es ein angenehmes arbeiten mit ihm ist.
Mit dem Soundsystem, Gigs betreffend, zieht es mich nach Japan bzw. generel mal nach Asien und in die Ostblockländer. Dort steckt viel Potential weswegen ich dort auch gerne mal touren möchte. Was mir auch wichtig ist, auch neue Leute wie z.b. Junior Carl oder Paul an Bord zu holen, damit das Movement weiter „up to the time“ bleibt.
Carl: Meine Ziele und Wünsche ergeben sich von Gig zu Gig fast selbst und werden erfüllt. Was mir viel Sapß macht ist das reisen mit der Crew. Da ich erst 2 Jahre dabei bin gibt es für mich noch vieles zu entdecken und zu erleben. Die Jungs waren ja schonmal in Afrika - ich selbst würd dort auch gern mal hin....(BE/CW/KR/EP)

weitere Infos zu PowPow
www.PowPow.de
www.myspace.com/powpowmovement

 

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