BigUp! Wie zum Beispiel in "tropical"?
Nattyflo: Genau, in "Tropical" erzähle ich von einem Urlaub und einer Freundschaft die daraus entstand. Eigentlich ist ja das Phänomen, wenn man bestimmte Songs in einem Urlaub oder einer Situation gehört hat- Und sie dann später noch mal hört, erinnert man sich wieder an die Situation zurück. Und das steckt in diesem Song mit drin.

BigUp! Also alle Songs von "Wochenend" bis "Soulgefühl" ….kein Kommerz ?
Nattyflo: Ich habe bisher nie etwas geschrieben, damit es anderen gefällt. Natürlich will ich, dass es anderen gefällt, aber nicht aus der Intention heraus, dass es gefallen muss. In erster Linie muss es mir gefallen, da bin ich recht kompromisslos. Wenn andere Leute das anders machen ist das völlig o.k., aber für mich passt das nicht. Ich schreib ja eher wie ein Tagebuch, deshalb wäre es nicht logisch etwas zu erfinden ,damit es dem Geschmack entspricht

BigUp! Hörst du dir deine eigenen Songs privat an oder kannst du die nicht mehr hören nachdem du sie die ganze Zeit auf einer Tour gespielt hast?
Nattyflo: Die fertige Produktion hör ich mir nicht täglich an- eher ab und zu. Nach Konzerten hör ich mit der Band die Aufnahme vom letztem Auftritt an, um hören was man verbessern könnte ,aber sonst eigentlich nicht .Höchstens wenn meine Kinder zu Hause tanzen wollen zu Rundungen ;) Es ist jedoch nicht so, dass ich mich selber viel hören müsste.

BigUp! Wie war das damals mit deiner ersten Tour? Du hast sie damals sogar selber organisiert oder?
Nattyflo: Ja schon, die Frage ist halt was heißt selbst organisiert .Heute rufen die Leute mich immer noch persönlich an und fragen nach, ob ich auf das und das Konzert kommen will, ich sag zu. Und erst dann gebe ich das an Rootdown weiter die das Formelle dann erledigen. Es ist oft so das bei mir die persönliche Ebene mit reinkommt, weil ich den Veranstalter schon von früher kenne .Ich bin eben auch so ein bisschen mein eigener Manager. Klar gibt es auch offizielle Anfragen über Rootdown, aber ansonsten klappt das ganz gut so.
Ja meine erste Tour, war die "rapstar" Tour mit den "Lyroholikern" aus Köln. Das war aber 2000, ist schon lange her. War super.

BigUp! Nichts schief gegangen keine Pannen ?
Nattyflo: Einmal hatte ich mein Kopftuch vergessen

BigUp! Wie  Schlimm!!
Nattyflo: Ja , aber dann hab ich einfach ein t shirt genommen ,war auch nicht schlecht .ich war so eitel…Außerdem hätten die Leute mich ja gar nicht erkannt ohne Tuch (lacht)
Das wäre wie Lindenberg ohne Hut ,:)das geht nicht .
Vielleicht irgendwann ….

BigUp! Hast du eigentlich das Tuch gegen die Dreadlocks sozusagen eingetauscht ?
Nattyflo: Nein das hab ich auch schon mit den Dreads getragen .

BigUp! Hängt denn die Namensgebung mit den Dreads zusammen?
Nattyflo: Ja genau, "natty" wurde ich in Jamaika gerufen. "Natty Dreadlock" ist ja die Bezeichnung für die Haare. Damals haben sie immer gesagt "yo natty what up ..how ya doin?"  und ich so : "no no no not name natty, my name is flo !",woraufhin sie geantwortet haben  "ok i call you nattyflo!”

BigUp! Apropos Dreads ...hattest du damals  Kontakt zu Rastas in deinem Austauschjahr?
Nattyflo: Mit Rastas hab ich auch mal 8 Wochen in Trenchtown zusammen gelebt, mit Ziggy Soul unter anderem
In Trenchtown ,als Weißer. War das nicht gefährlich?
Es war gefährlich, abends gab es Schießereien. Zu sehen wie die Straßenpatrouille  mit MP im Anschlag abends durch die Straßen marschiert und kontrolliert. Das ist Realität in Jamaika. Im nachhinein weiß ich auch nicht, ob ich dass so noch mal machen würde. Damals war es natürlich sehr spannend für mich. Hier in Deutschland haben wir ja ein ganz anderes Sicherheitsbedürfnis.

BigUp! 8 Wochen zusammen mit Rastas wie kann man sich das vorstellen? Sehr naturverbunden?
Nattyflo: In Trenchtown ja nicht , da ist alles zubetoniert und ziemlich trostlos. Aber ich war auch in "Maroontown", wo die Maroons herkommen .Die Maroons waren entlaufende Sklaven. Dort war ich eine Woche und hab ich richtig Rastafari in life kennen gelernt. Mit "vegetarian food" und kleinen Holzküchen, selber kochen und lange darauf warten. Danach war ich dann auch so ein bisschen Rasta mäßig drauf ,die ersten ein, zwei Jahre. Am  Ende kam aber wieder das Fleisch in mein Leben (lacht).
Ich finde die Rasta-Kultur nichts desto trotz spannend und bewundernswert  .Ich teile zwar nicht alles, wie z. B. den Umgang mit Frauen und Schwulen. Aber doch die Friedfertigkeit, den Umgang mit der Natur und dem Essen oder gegen Gentechnik zu sein.

BigUp! Hast du denn noch Kontakt zu den Menschen von damals?
Nattyflo: Ja mit meinem Gastbruder natürlich. Ansonsten ist ein Musiker von der Crew erschossen worden und mit dem Anderen hab ich im Moment nicht so viel Kontakt. Der hat aber auch keinen Computer, mit dem er E-Mails verschicken könnte.

BigUp! Wie oft bist du jetzt noch in Jamaika?
Nattyflo: Gar nicht mehr so oft, höchstens alle zwei Jahre würde ich sagen.

BigUp! Weniger geworden?
Nattyflo: Ich hab halt Pause gemacht, das ist jetzt das vierte Jahr wo ich nicht dort war.
Mit dieser Platte bin ja auch nicht hingefahren, bei "Immer Vorwärts" hab ich das ja noch gemacht.