Nattyflo starte seine Karriere Ende der 90’er. Seitdem hat er die Reggaelandschaft entscheidend beeinflusst  , sei es mit der Mitbegründung des International bekannten "Riddim" Magazins oder der des Labels "Rootdown Records". Das Big Up traf ihn in der Nähe von Bonn. Nattyflo.de

BigUp! Du bist hier auf dem Seminar über Bildungspolitik in Entwicklungsländern als Referent eingeladen, da du ja früher als Austauschschüler nach Jamaika gekommen bist. Wie war das damals für dich ?
Nattyflo: Ich bin 1993/1994 nach der 11. Klasse nach Jamaika gekommen und hab dann das "lower A level" gemacht, was ungefähr der 12. Klasse entsprach. Das hat mich natürlich stark geprägt. Es ist immer witzig auf solchen Seminaren zu sein und sich auszutauschen. Alle die hier sind haben einen persönlichen Bezug zu Jamaika , viele ehemalige Entwicklungshelfer , aber auch Studenten.

BigUp! War der Musikunterricht in der Schule besser als hier in Deutschland ?
Nattyflo: Erstmal hab ich gar keinen Musikunterricht gehabt, kann ich so deshalb nicht bestätigen. Aber es wird viel gesungen, gemeinsam geklatscht und in den wöchentlichen Schulversammlungen wird die Nationalhymne gesungen . Also spielt Musik schon eine wichtige Rolle, aber die können z.B. alle nicht gut Noten lesen.
Deshalb würde ich sogar sagen, dass das Deutsche System besser und anspruchsvoller ist, dem Schüler viel mehr Instrumente näher bringt. Was aber natürlich eine Frage des Wohlstands ist. Ich hatte mir die "Jamaican School of Music" angeguckt, ob ich eventuell dahin gehen möchte/kann. Hab es dann aber auch abgelehnt, weil das einen nicht ganz so strukturierten Alltag hatte.

BigUp! Die "Jamaican School of Music" kann man beschreiben als ….?
Nattyflo: Die "JSM" ist eine Art Musikuniversität, wobei aber jüngere Schüler auch einen ganz normalen Schulabschluss machen können mit einem Musikschwerpunkt. Da gehen die Leute hin , die wissen, dass sie Musiker werden wollen.
So ein guter Musiker war ich dann doch nicht, dass ich mir das zugetraut hätte. Ich konnte nicht gut Klavier spielen, nur Gitarre. Aber Klavier ist eben das Basisinstrument und da ich es in dem Jahr auch nicht gelernt hätte, ließ ich es erstmal sein. Deswegen war ich auf dem "St. George’s Collage", einer katholischen Jungenschule.

BigUp! Wie hat dich die Kultur getroffen? Warst du schon etwas vorbereitet?
Nattyflo: Das war schon ein Sprung ins kalte Wasser, 1400 Schüler und nur 3 Weiße . Die 3 weißen Schüler waren Austauschschüler. Das war schon eine ganze neue Erfahrung selber in der Minderheit zu sein, hautfarben mäßig. Ich  war eher der Exot und konnte mich durch Fußball gut integrieren. 

BigUp! Gab es denn teilweise Ausgrenzungen oder ähnliches?
Nattyflo: In bestimmten Situationen, wenn sie nicht wollen das du sie verstehst, reden sie so schnell auf Patois, dass du sie nicht verstehst. Das mit der Sprache, ging mir aber  auch noch am Schluss des Jahres noch so. Den Kontext konnte ich verstehen, aber nicht jedes einzelne Wort. Patois ist eben eine eigenständige Sprache.

BigUp! Was wird denn im Unterricht gesprochen, auch Patois?
Nattyflo: Die Schüler untereinander reden Patois, aber im Unterricht ist dann British English angesagt. Es ist ja auch ein englisches Schulsystem, mit Schuluniformen etc. Patois ist eben die alltägliche Umgangssprache.

BigUp! Wie sah es in Sachen Nachtleben für dich aus?
Nattyflo: Ich hatte Glück, ich konnte da viel Party machen. Mein 19 jähriger Gastbruder lebte zu Hause und hatte sein Studium gerade erst begonnen . Durch ihn  hatte ich einen guten Zugang zur Soundsystemkultur und bin auch gleich darin eingetaucht. Stone Love, African Star waren so die großen Soundsystems damals. Unter anderem hab ich mir aber auch das Sting Festival in Kingston angesehen, wo ich Ninjaman  und andere Leute gesehen hab.

BigUp! Wie sah es aus mit dem anderen Geschlecht?
Nattyflo: Ja klar, gerade auch während des Straßenkarnevals. Von der Schule aus, gab es auch immer ein Treffen mit einer Mädchenschule um eine "fashion show" zu organisieren, denn nur mit Jungs wäre das ein wenig langweilig. Natürlich sehr beliebt und ein guter Vorwand sich zu treffen und Kontakte zu knüpfen.



BigUp! Kann man ja schon neidisch werden..
Nattyflo: Ja ;-) Das gibt es leider so nicht mehr. Man kann heutzutage als deutscher Schüler nicht mehr nach Jamaika gehen. Soweit ich weiß gibt es keine Organisation, die das noch anbietet. Damals waren es auch nur vier deutsche die nach Jamaika gekommen sind.
Eben eine kleine Nische und ich hatte Glück.
 
BigUp! Engagierst du dich eigentlich sozial ?  
Nattyflo: Ich mach bei dem "Baobab" Projekt mit , welches sich für Waisenkinder in Kenia einsetzt. Aktuell wird die zweite CD im Dezember rauskommen , mit bekannten deutschen Reggaekünstlern, Rootdown Camp, Gentleman, Culcha Candela , Jahcoustix usw. . Die Künstler spenden sozusagen die Songs.
Mit den Erlösen kaufen wir Produkte aus afrikanischen Ländern, u.a. aus Kenia. Die Gründung eines gemeinnützigen Unternehmens- Baobab Social Business ist aus unserer Sicht der nächste Schritt. Der Verein Baobab spendet Gelder für Waisenkinder und von Aids betroffenen Familien.  Die gemeinnützige GmbH, aber kauft denen Produkte ab, die sie selber herstellen. Das Konzept ist eben Hilfe zur Selbsthilfe.
 Es ist nicht viel, aber viele kleine Schritte sind auch wichtig finde ich.

BigUp! Auf dieser Baobab CD ist ja auch das Rootdown Camp vertreten. Sind das eigentlich alles nur rein geschäftliche Beziehungen?
Nattyflo: Ne das sind alles private Kontakte, die über die Zeit entstanden sind.
Ich war ja früher mit den Jungs in einer Schülerband. Teka, der Produzent , war Gitarrist , Schlagzeuger war Patrick, der heutige Labelchef. Nikitaman hab ich in Hamburg auf einem Dance kennen gelernt, Maxim kam über den Nosliw. Also alles private Kontakte die man irgendwie kennen lernt. Jaquee, der Neuzuwachs bei Rootdown, ist auch über Umwege zum Thilo rangekommen. Ich würde z. B. auch  Phenomden zu Rootdown dazu zählen, da seine Promotion über  Rootdown läuft. Er ist sozusagen erweitertes Rootdown Camp.
Insofern ist Rootdown schon eine Plattform für Künstler, um Platten raus zubringen, aber auch für Promotion und Booking zuständig.

BigUp! Gibt es booking mäßig ein Winterloch bei dir ?
Nattyflo: Da ich ja mit Band und Soundsystem auftrete, hab ich da keine Probleme .Und mache das so wie das für mich am besten passt .Ich bin ja nicht hauptberuflich Musiker, sondern arbeite in einer Pr-Agentur . Ich hab halt einen ganz normale Beruf  und mach das aus Spaß an der Freud.
Wobei,  mein ganzes Studium hab ich finanziert mit Auftritten. Es war zwar schön die Möglichkeit gehabt zu haben, aber am Ende doch zu Saison abhängig. Ich bin dann zu viel Unterwegs und ich will mein Geld nicht außerhalb meiner Stadt und meinem sozialen Umfeld verdienen.
Als Musiker verdient man eben sein Hauptgeld dadurch , dass man unterwegs ist. Das bedeutet, dass du mindestens zwei Mal im Jahr eine Tour machen musst, mit 40-50 Konzerten, um überhaupt einen guten Lebensstandard zu erreichen. Und das war mir einfach zu viel. Also eine ziemlich pragmatische Entscheidung, ich weiß auch nicht, ob ich noch mit 45 auf der Bühne stehen will.
Hinzu kommt, dass man es als nicht internationaler Künstler, so hab ich mich jedenfalls immer gesehen, mit deutschsprachiger Musik es schwieriger hat . Ich habe mich dann auch relativ früh entschieden, dass ich Musik nicht professionell betreiben möchte.
Ich könnte ja auch weiterhin für die Riddim arbeiten. Ich habe es jedoch aufgehört, weil auch das mir zu viel wurde. Zudem war die Überschneidung von Künstler und Journalist nicht gut.

BigUp! Beides geht nicht?
Nattyflo: Nein, das geht nicht. Wenn du als Musiker in deinem eigenen Magazin erscheinen willst, ist das sehr fragwürdig. Und andere über sich schreiben lassen, wobei man dann als Chefredakteur letztendlich selber entscheiden kann, wie viel Platz man bekommt. Das funktioniert nicht. Insgesamt aber trotzdem eine große Ehre, dass ich so etwas mit gründen und mitmachen durfte.
 
BigUp! Kommt denn der Journalist in dir raus auf großen Festivals? Bei denen du ja die Möglichkeit hast die jamaikanischen Starspersönlich zu treffen, welche für dich ja auch groß sind.
Nattyflo: Das hab ich ja jahrelang gemacht, parallel. Nach meinen Auftritten hab ich eben die Interviews geführt. Wie mein erstes Interview mit Buju Banton oder Yellowman. Jetzt stell ich mich aber nur noch hin, mit meiner Familie und mach ein Foto mit Anthony B.. Wie auf dem diesjährigen Summerjam , klar bin ich dann auch Fan.

BigUp! Wie kommt es, dass du so ein großer Anthony B. Fan bist?
Nattyflo: Der ist halt cool. Der  ist sehr straight was seine inhaltlichen Aussagen angeht. Ist nicht so widersprüchlich wie andere und auch nicht so abwertend gegenüber Minderheiten und Frauen. Bei ihm kommen der Vibe und der Inhalt stärker zusammen. Ich bin jetzt selber kein Rasta, verfolge auch nicht die ganze Rastaphilosophie oder glaube daran. Aber, dass muss man auch nicht um Fan zu sein. Man muss nicht 1 zu 1  die gleichen Ansichten haben wie sein Artist, um ihn gut zu finden.
 
BigUp! Traumkombination du und Anthony B.?
Nattyflo: Aufjedenfall.

BigUp! Zwischen Deinem ersten Album "Immer Vorwärts" und Deinem aktuellen Album "Soulgefühl" sind von 2005 bis 2009 vier Jahre vergangen. Dachtest du nach einiger Zeit :" Ich hab hab jetzt noch so nen paar alte Lieder im Keller, da könnt ich doch nen Album draus machen "?
Nattyflo: Einen  Song hatte ich tatsächlich schon für "Immer Vorwärts" geschrieben, nämlich "Weissagung der Cree".
Ansonsten sind alle Songs in den 4 Jahren entstanden, vor allem im letzten Jahr. Ich hatte mir gedacht, jetzt muss ich noch Mal intensiver an dem Album arbeiten. Es gab auch Songs, wo es Teilelemente gab, die ich nur noch fertig schreiben musste. "Soulgefühl" kam relativ zum Schluss und eigentlich sollte das Album auch "Kein Stress " heißen. Da "Kein Stress" die Fortführung von "Strandleben" ist, den für mich persönlich stärksten Song von "Immer Vorwärts".
"Kein Stress" ist ein super Song, aber den kann man a) nicht so gut live performen, weil er relativ slow ist und b) ist es auch erst Mal eine negativ Aussage, Kein Stress. Soulgefühl ist eben eine positive Aussage und drückt tatsächlich viel mehr meine grundlegende Haltung aus. Nämlich zu sagen ich gucke auf das halbvolle Glas, als auf das halbleere.

BigUp! Wie ist dein Verhältnis zur Polizei?
Nattyflo: So lang sie mich in ruhe lassen, lass ich sie auch in ruhe ;)
Nur in Bayern gefallen sie mir halt nicht so, da kontrollieren sie einen immer zu oft. Da sollte man ein braver Bürger sein.

BigUp! Du hast ja im Moment keine Dreads und auch nicht die Musik typische Kleidung. Denkst du das macht was aus?
Nattyflo: Ich denke schon, dass die Polizei auf so etwas achtet.
Mittlerweile hab ich auch nicht mehr die Musik typischen Klamotten an. Und auch mein Tuch trag ich nicht im Alltag, wenn ich aber zum Beispiel mit Nosliw oder meinen Dreadlock-Bandkollegen unterwegs bin, werden wir auch schon mal angehalten.

BigUp! Wie persönlich sind deine Texte?
Nattyflo: Ich mach viel persönliche Statements .Ich erzähl  keine Geschichten über andere,  sondern eher über mich .Alle meine Texte haben einen autobiographischen Bezug , also mache ich  storytelling über mich selbst und mein soziales Umfeld.



BigUp! Wie zum Beispiel in "tropical"?
Nattyflo: Genau, in "Tropical" erzähle ich von einem Urlaub und einer Freundschaft die daraus entstand. Eigentlich ist ja das Phänomen, wenn man bestimmte Songs in einem Urlaub oder einer Situation gehört hat- Und sie dann später noch mal hört, erinnert man sich wieder an die Situation zurück. Und das steckt in diesem Song mit drin.

BigUp! Also alle Songs von "Wochenend" bis "Soulgefühl" ….kein Kommerz ?
Nattyflo: Ich habe bisher nie etwas geschrieben, damit es anderen gefällt. Natürlich will ich, dass es anderen gefällt, aber nicht aus der Intention heraus, dass es gefallen muss. In erster Linie muss es mir gefallen, da bin ich recht kompromisslos. Wenn andere Leute das anders machen ist das völlig o.k., aber für mich passt das nicht. Ich schreib ja eher wie ein Tagebuch, deshalb wäre es nicht logisch etwas zu erfinden ,damit es dem Geschmack entspricht

BigUp! Hörst du dir deine eigenen Songs privat an oder kannst du die nicht mehr hören nachdem du sie die ganze Zeit auf einer Tour gespielt hast?
Nattyflo: Die fertige Produktion hör ich mir nicht täglich an- eher ab und zu. Nach Konzerten hör ich mit der Band die Aufnahme vom letztem Auftritt an, um hören was man verbessern könnte ,aber sonst eigentlich nicht .Höchstens wenn meine Kinder zu Hause tanzen wollen zu Rundungen ;) Es ist jedoch nicht so, dass ich mich selber viel hören müsste.

BigUp! Wie war das damals mit deiner ersten Tour? Du hast sie damals sogar selber organisiert oder?
Nattyflo: Ja schon, die Frage ist halt was heißt selbst organisiert .Heute rufen die Leute mich immer noch persönlich an und fragen nach, ob ich auf das und das Konzert kommen will, ich sag zu. Und erst dann gebe ich das an Rootdown weiter die das Formelle dann erledigen. Es ist oft so das bei mir die persönliche Ebene mit reinkommt, weil ich den Veranstalter schon von früher kenne .Ich bin eben auch so ein bisschen mein eigener Manager. Klar gibt es auch offizielle Anfragen über Rootdown, aber ansonsten klappt das ganz gut so.
Ja meine erste Tour, war die "rapstar" Tour mit den "Lyroholikern" aus Köln. Das war aber 2000, ist schon lange her. War super.

BigUp! Nichts schief gegangen keine Pannen ?
Nattyflo: Einmal hatte ich mein Kopftuch vergessen

BigUp! Wie  Schlimm!!
Nattyflo: Ja , aber dann hab ich einfach ein t shirt genommen ,war auch nicht schlecht .ich war so eitel…Außerdem hätten die Leute mich ja gar nicht erkannt ohne Tuch (lacht)
Das wäre wie Lindenberg ohne Hut ,:)das geht nicht .
Vielleicht irgendwann ….

BigUp! Hast du eigentlich das Tuch gegen die Dreadlocks sozusagen eingetauscht ?
Nattyflo: Nein das hab ich auch schon mit den Dreads getragen .

BigUp! Hängt denn die Namensgebung mit den Dreads zusammen?
Nattyflo: Ja genau, "natty" wurde ich in Jamaika gerufen. "Natty Dreadlock" ist ja die Bezeichnung für die Haare. Damals haben sie immer gesagt "yo natty what up ..how ya doin?"  und ich so : "no no no not name natty, my name is flo !",woraufhin sie geantwortet haben  "ok i call you nattyflo!”

BigUp! Apropos Dreads ...hattest du damals  Kontakt zu Rastas in deinem Austauschjahr?
Nattyflo: Mit Rastas hab ich auch mal 8 Wochen in Trenchtown zusammen gelebt, mit Ziggy Soul unter anderem
In Trenchtown ,als Weißer. War das nicht gefährlich?
Es war gefährlich, abends gab es Schießereien. Zu sehen wie die Straßenpatrouille  mit MP im Anschlag abends durch die Straßen marschiert und kontrolliert. Das ist Realität in Jamaika. Im nachhinein weiß ich auch nicht, ob ich dass so noch mal machen würde. Damals war es natürlich sehr spannend für mich. Hier in Deutschland haben wir ja ein ganz anderes Sicherheitsbedürfnis.

BigUp! 8 Wochen zusammen mit Rastas wie kann man sich das vorstellen? Sehr naturverbunden?
Nattyflo: In Trenchtown ja nicht , da ist alles zubetoniert und ziemlich trostlos. Aber ich war auch in "Maroontown", wo die Maroons herkommen .Die Maroons waren entlaufende Sklaven. Dort war ich eine Woche und hab ich richtig Rastafari in life kennen gelernt. Mit "vegetarian food" und kleinen Holzküchen, selber kochen und lange darauf warten. Danach war ich dann auch so ein bisschen Rasta mäßig drauf ,die ersten ein, zwei Jahre. Am  Ende kam aber wieder das Fleisch in mein Leben (lacht).
Ich finde die Rasta-Kultur nichts desto trotz spannend und bewundernswert  .Ich teile zwar nicht alles, wie z. B. den Umgang mit Frauen und Schwulen. Aber doch die Friedfertigkeit, den Umgang mit der Natur und dem Essen oder gegen Gentechnik zu sein.

BigUp! Hast du denn noch Kontakt zu den Menschen von damals?
Nattyflo: Ja mit meinem Gastbruder natürlich. Ansonsten ist ein Musiker von der Crew erschossen worden und mit dem Anderen hab ich im Moment nicht so viel Kontakt. Der hat aber auch keinen Computer, mit dem er E-Mails verschicken könnte.

BigUp! Wie oft bist du jetzt noch in Jamaika?
Nattyflo: Gar nicht mehr so oft, höchstens alle zwei Jahre würde ich sagen.

BigUp! Weniger geworden?
Nattyflo: Ich hab halt Pause gemacht, das ist jetzt das vierte Jahr wo ich nicht dort war.
Mit dieser Platte bin ja auch nicht hingefahren, bei "Immer Vorwärts" hab ich das ja noch gemacht.



BigUp! Bei Immer Vorwärts hast du dir ja noch einige Riddims aus Jamaika geholt. Wie bist du bei Soulgefühl rangegangen oder wie machst du das generell?
Nattyflo: Also erst ist das Instrumental da und darüber singe ich  lautmalerisch ("skaten"), um eine Melodieführung mit dem richtigen Rhythmus zu finden. Manchmal ist es aber auch anders herum, wenn ich etwas auf der Gitarre mache. Wie bei "Tacheles"  z.B. welcher ja eigentlich ein Akustikgitarrensong war. "Tacheles" wurde mit der Band zusammen umgeformt, durch Mixparts, Steigerungen usw.
Es gibt verschiedene Wege zu einem Song, der klassische Reggaeweg ist aber Instrumental, skaten und am Schluss den Text.
Also es hat mir auch keiner beigebracht, irgendwie hab ich das von alleine gelernt. Ich hab in einem Interview mit Herbert Grönemeyer gelesen, dass er das auch so macht. Das fand ich irgendwie ziemlich beeindruckend. Einfach eine Melodieführung von irgendeinem Instrument zu haben, darüber zu singen ohne Inhalt. Der Text kommt dann von alleine.

BigUp! Welche Instrumente beherrscht du eigentlich?
Nattyflo: Gitarre, früher hab ich auch Schlagzeug gespielt in einer Band, aber das kann ich nicht so gut. Besonders keinen Reggae, guten Rock kann ich ein bisschen spielen.

BigUp! Kannst du Improvisieren?
Nattyflo: Da ich nicht so ein guter Instrumentalist bin, geh ich dann eher als Sänger auf die Bühne.
Und wenn der Riddim der richtige ist, kann ich dann auch darauf improvisieren.

BigUp! Hörst du dir privat eigentlich nur Reggae an?
Nattyflo: Ja ich hör viel Reggae, Dancehall. Ich höre aber auch sehr gern neuerdings Jason Mraz oder so etwas in Richtung Jack  Johnson, Norah Jones. Solche Konzerte besuch ich dann auch eher. Natürlich geh ich auch regelmäßig auf Reggaekonzerte, aber guck mir eben auch gern solche Sachen an.

BigUp! Hip Hop ?
Nattyflo: Eher so Freundeskreis und so etwas. Bushido und Kool Savas sind jetzt nicht die Sachen die ich höre, eher concesious Rap.
 
BigUp! Wo liegt der Unterschied für dich zwischen Band und Soundsystem ? Was findest du besser?
Nattyflo: Also es ist beides geil. Mit dem Soundsystem ist es direkter, weil du einen Meter vor dem Publikum stehst und sehr nah dran bist.
Mit der Band allerdings bist du dynamischer, lebendiger. Die Steigerungen, laut und leise spielen, macht eine Band aus. Klar kannst du beim Regler auch einfach laut und leise Stellen,  das hat aber nicht denselben Effekt wie mit einer Band.
Wenn ich mich jetzt entscheiden müsste würde ich die Band bevorzugen .Die Band hat aber den Nachteil, dass sie sehr Kosten und Zeit aufwendig ist. Das ist auch ein Grund warum ich nicht so viele Bandauftritte mache. Band ist eher das Festival Ding und Soundsystem das Club Ding. Beim Soundsystem bin ich ja der einzige der das Geld bekommt, ansonsten teil ich das natürlich mit der Band. Da bleibt dann weniger hängen, obwohl es mehr Arbeit ist. Was etwas widersprüchlich ist. Dadurch das ich jetzt auch nicht den riesen Namen habe. Keine Hallen alleine mit tausend Leuten füllen kann, sondern nur mit 200. Kann ich nicht nur mit Band spielen. Würde ich, aber auch nicht wollen.

BigUp! Den Sommer warst du jetzt mit der "One Drop" Band unterwegs. Wolltest du speziell diese Band?
Nattyflo: Die hab ich mir richtig ausgesucht, dass stimmt.  In den Anfangsjahren 2000-2003  habe ich lange gesucht und auch mit verschiedenen Leuten geprobt. Mit "Soulfire" aus Neuss z.B., welches eine super Band ist aber eher Dancehall orientiert. Das war nicht so was ich wollte. Ich hatte auch eine Probe mit den Jungs von der "Jin Jin Band ", die ja zur Zeit mit Sebastian Sturm spielen. Die waren mir dann wiederum zu Roots lastig.
Ich wollte aber eben diesen Modernroots, Mix orientiert, aber auch ab und zu Mal etwas Dancehall mäßiges spielen. Das ist was ich machen wollte und dafür bin ich auch bereit nach Augsburg zu fahren, nur um mit "One Drop" zu spielen. Zusätzlich haben die auch Bläser dabei, welche ich jetzt nicht immer dabei hab, aufgrund der Kosten. Aber vor allem passt es da auch menschlich sehr gut.

BigUp! Also kommt es dir auf die Vibes innerhalb der Band an?
Nattyflo: Genau und das ist der Grund warum ich denen dann treu bin. In Frankfurt gibt es auch Reggaebands, aber es geht nicht nur darum die Töne und Akkorde richtig zu spielen. Sondern eben darum wie man es spielt und ob man sich versteht .

BigUp! Einige deiner Songs sind sehr kritisch, in Bezug auf die Gesellschaft oder auch Politik. Gibt es spezifische Menschen die du anprangerst oder ist das Allgemein gehalten?
Nattyflo: Doch, in einigen Liedern werde ich sehr genau.

BigUp! In welchen?
Nattyflo: In dem Song "Weissagung der Cree"  sag ich : "Was machen sie mit unserem Saatgut, in den Laboren von Monsanto". Monsanto ist der größte Genmaishersteller der Welt , welcher viele Genmittel Patente besitzt und damit sehr viel Kohle macht. Sie schaffen Abhängigkeit, in dem sie Kostengünstiges  Saatgut, besonders in Entwicklungsländern,  einführen. Dieses Saatgut versaut sozusagen die Felder, wodurch die Menschen eigentlich nichts anderes mehr anpflanzen können. Außer eben diesem genmanipulierten Zeug.
Das ist schon sehr trickreich und das find ich nicht in Ordnung. Das ist ein multinationaler  Konzern, der darüber bestimmt, dass jahrtausende alte Kulturgüter und Traditionen kaputt gemacht werden.

BigUp! Was erwartest du, wenn du solche Zeilen schreibst? Das Monsanto aufhört damit?
Nattyflo: Ich erwarte nicht, dass der Monzantokonzern seine Politik wechselt, aber erhoffe mir vielleicht, dass Leute sagen: "Ich sehe das eigentlich ähnlich so, ich gucke Mal wirklich was ich selber esse." Ich halte es auch für extrem sinnvoll, dass man Lebensmittel besser kennzeichnet. Das auch draufsteht, ob es Gen frei ist oder nicht. Und dann sollen die Leute selber entscheiden, was sie essen möchten. Ich finde Ernährung ist schone ein wichtiger Punkt, weil du bist, was du isst.

BigUp! Du vertrittst schon so einige Lebensphilosophien oder? Du bist, was du isst; Kein Stress..
Nattyflo: Das Leben ist wie ein Strand (lacht).  Ja ,aber nicht nur. Ich bin ja Pfarrersohn, ich hab Botschaften und sehe mich insofern auch als Messenger.

BigUp! Soll der Song "Kein Stress" dann vermitteln: Ich hab kein Lust auf Arbeiten, ich entspannt erstmal ein bisschen? Ihr mit euren dicken Augenrändern und gestressten Gesichtern, macht es so wie ich  ?!
Nattyflo: (lacht) Ja o.k., so kann man das auch verstehen, aber eigentlich ist eher so zu verstehen. Ich bin ja immer ein Teil davon, ich bin ja auch selber der, der dann die Augenränder hat- schließlich gehe ich ja auch regelmäßig arbeiten. Für mich ist der "Kein Stress" eher eine Motivation. Das als Motto zu nehmen und zu sagen genau so mach ich das jetzt. Also eher eine Frage der Einstellung und Haltung ,dass ist genau das was ich ausdrücken will, Upliftment Music .(Justus Kr.)
 

 

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