Manja aka Firegyal spukt schon einige Zeit durch Germaica. Im Sommer erschien ihr aktuelles Album Manja- Mein Reggaegefühl. Aktuell hat Manja sich die Zeit genommen auf ein paar Fragen zu antworten. www.MANJA.tv
Big Up! Ich habe gelesen „Manja“ ist auch dein bürgerlicher Name. Was  bedeutet er? Bzw. was haben sich Deine Eltern dabei gedacht?
Manja: Manja ist eine Abwandlung von Maria. Dem Erzählen nach sei ich zu  diesem Namen dadurch gekommen, dass eine Krankenschwester zu meiner  Mutter meinte, es gäbe schon drei Katrins auf der Station.

 Möglicherweise haben sich meine Eltern von einem im ehemaligen Osten sehr bekannten Lied von Frank Schöbel mit dem Titel „Manja, ich sag  nur Manja“ inspirieren lassen. Doch die Annahme, dass es ein  typisches „Ostding“ ist, wird widerlegt durch die dienstälteste  Hexe Manja Flippinger bei Bibi Blocksberg.


Big Up! Du kommst ja aus Leipzig, was hast du von der DDR Zeit mitbekommen?
Manja: Ich habe die letzten 10 Jahre der DDR als Kind erlebt und dabei nicht  wirklich viel von der tatsächlichen Enge und faktischen Repressionen  mitbekommen. Ich hatte das Gefühl, mir würde die Welt zu Füssen gelegt werden. Als Kind sieht man das wohl anders. Dass wir z. B. in  der Schule zur Ideologie passende Bücher lasen und Lieder sangen, als  Jung- und Thälmannpioniere regelmäßig Appelle hatten, an  gemeinsamen Pioniernachmittagen, die sowohl der Freizeitgestaltung  als auch der politischen Erziehung dienten, teilnehmen mussten, habe  ich als Kind anders wahr genommen. Dennoch stand scheinbar die  Familie im Mittelpunkt, Kinderbetreuung war kein Thema, es gab sie  einfach. Genauso wie es zahlreiche Möglichkeiten der  Freizeitbeschäftigung gab. Ich erinnere mich an mein Tanztraining von  Klein auf, an Sportfeste, Matheolympiaden, das Zuckertütenfest oder  regelmäßige Talentwettbewerbe, an Urkunden für gutes Lernen oder  soziales Miteinander und vieles mehr. Alles Dinge, die es heute auch  gibt, nur eben nunmehr mit der Möglichkeit und dem Ziel des freien  Denkens und mündigen Handelns. Und dafür bin dankbar.

Big Up! Du singst fast 100% Dialektfrei. Wieso?
Manja: Danke. Ich bemühe mich wenigstens um 95%. Ich glaube es in jedem Song  zu hören, wo ich herkomme. Mehrere Jahre meiner Schulzeit besuchte ich die Palucca-Schule (Hochschule für Tanz) in Dresden. Die Schüler  und Studenten dieser Einrichtung kommen aus allen Teilen Deutschlands und der Welt. Man spricht Deutsch, Englisch und Französisch. Da hat dann der einzelne Dialekt kaum eine Überlebenschance. Was aber nicht heißt, dass ich mein Sächsisch verlernt habe! Ich liebe zum Beispiel die Texte von Lene Voigt (sächsische Mundartdichterin) oder regionales Kabarett. Leider ist das Sächsische ja mit negativen Klischees behaftet und wird in anderen Bundesländern belächelt.

Big Up! Zeitrückblende.. Wie/Wann bist du zum Reggae gekommen?
Manja: Ich bin 1994/95 zum HipHop gekommen, habe mich im Rappen versucht. Auf größeren Partys gab es meist einen kleinen Reggaefloor, wo ich  immer häufiger hängen blieb. Als ich mit 17 aus Dresden in meine Heimatstadt Leipzig zurückkehrte, waren es Far East Sound , Sonic Bang Crew, Rotzlöffels und MesserBanzani, die regelmäßig auf Flyern standen und mich in ihren Bann zogen. Es hatte mich geflasht das Reggaefieber!

Big Up! Erstes Mixtape oder Party?
Manja: Eins meiner ersten Tapes (DJ Fassy) weckte den Wunsch, mit Reggae/Dancehall auf der Bühne stehen zu wollen. Ich wollte die Begeisterung  weitergeben, die ich in mir spürte. Als Firegyal hab ich 2000  angefangen, die Platten selbst zu spielen, die ich hören und die  Parties zu organisieren, die ich erleben wollte.

Big Up! Wie kam es von der Selectress zum Gesang?
Manja: Ich habe schon immer gern gesungen und mit 15 meinen ersten Song geschrieben. Damals war mir die Frontstage noch lange nicht geheuer und ich hab mich hinter den Turntables sicherer gefühlt. Aber es spricht sich rum, wenn man sich mit Leidenschaft fürs Texten und mit Stimme reinkniet und 2004 baten mich Andreas Wendland und Andre Heyer ein paar Riddim-Ideen zu voicen. Seitdem sprudelt ein Song nach dem anderen aus mir und ich bin immer wieder fantastischen Menschen begegnet, die meinen Weg begleiten. Gleichzeitig habe ich doch noch entdeckt, dass mir das Auflegen zwar viel gibt, aber das Performen mich beflügelt - also doch Frontstage.

Big Up! Wie kam es zu „Es ist die Liebe“?
Manja: „Es ist die Liebe“ hieß ursprünglich „JAH ist die Liebe“ und war 2006 auf der unveröffentlichten RauchzeichenEP vertreten. Damals habe ich auch noch englisch gesungen. Der Song hat niemanden wirklich interessiert. Dann machte ich Bekanntschaft mit White Scorpio, der mir den Anstoß gab für einen Entwicklungsprozess, in dem ich mich auf meinen Namen besann, auf meine Sprache und meine Message. Ich  wollte verstanden werden und habe meine Gedanken quasi zugänglich für Jedermann gemacht. Deshalb auch „Es ist die Liebe“ statt JAH.


Big Up! Dann kam direkt der Bundesvision Song Contest..
Manja: Für den Bundesvision Song Contest 2007 wurde ein Act aus Sachsen dringend gesucht. Ich konnte mich mit meinen eingeschickten Songs durchsetzten, Stefan Raab hat sich für „Es ist die Liebe“ und ich mich für Four Music als geeignetes Label entschieden. Sie stellten in Aussicht, meine Single und das Album zu veröffentlichen. Gut, der Plattendeal war so schnell weg, wie er da war, doch ich bereue keinen Tag und keine Erfahrung dieser für mich sehr aufregenden Zeit. Noch heute werde ich quer durch Deutschland auf diese Auftritte angesprochen. In der Resonanz ist alles dabei - von „...ich hätte das aber nicht angezogen, ...nicht gesungen,... nicht gemacht...“ bis hin zu anerkennenden Worten und Respektbekundungen. Es gibt sogar Menschen, die meinen, es wäre eine Bereicherung mich persönlich kennen zu lernen, weil an mir ein Minifetzen des eklatanten Fernsehruhmes klebt.

Big Up! Insgesamt wurde es um Dich dann etwas ruhiger, was hast Du in der Zeit gemacht?
Manja: Ich habe gearbeitet, um meine Selbstständigkeit aufrecht zu erhalten. Die erste Zeit habe ich meine Wunden geleckt, weil ich ja mit einem unveröffentlichten Album dasaß (übrigens das heutige „Mein ReggaeGefühl“), keine Band hatte und einfach den Hype verpuffen sah. Gigs konnte ich nicht spielen, weil es an der Unterstützung fehlte. Nebenbei habe ich aber weiter Songs geschrieben, Veranstaltungen mitorganisiert und meine Radiosendung „Firegyal on air“ moderiert.

Big Up! Wie kam es zu  den  Veröffentlichungen auf „Es Goert“ oder „Get up &  try“?
Manja: „Es Goert“ ist ein Sampler, der weibliche Interpreten urbaner Musik aus Österreich, der Schweiz und Deutschland präsentiert. „Dis gyal call Jamaica“ war einer meiner ersten Songs im Reggaestyle – ich schickte ihn ein und er hat Platz gefunden. Dieser und „Get up & Try“ sind ursprünglich Lieder der RauchzeichenEP und da die sich in Rauch aufgelöst hat, aber die Combination mit Vinneyman ein Hammertune ist, haben Andreas und ich die VÖ Vinneyman überlassen.

Big Up! Nach „Get up &  try“ standen viele Projekte in recht kurzer zeitlicher Abfolge an. Wie kam es zu diesem Schaffungsdrang?
Manja: Seit ich Musik mache, übe ich mich in Geduld. Da liegen Songs jahrelang fertig in Schubladen oder dauern Projekte länger als erwartet. Ohne finanzielles Budget ist man eben oft in der Situation produktiv zu sein, aber nicht jede Arbeit gleich in ihrer Endwirkung entfalten zu können. Ich habe so viele Eisen im Feuer, dass es mich manchmal selbst überrascht, was da alles parallel entsteht. Der Schaffensdrang war nie weniger, nur der tatsächliche Output und der  Umstand, dass jemand all das auch registriert unterliegen heftigen  Schwankungen.

Big Up! Ende 2008 hast Du es geschafft und hast dein erstes (gratis) Album veröffentlicht. Resonaz?
Manja: So gesehen ist „Wenn Du die Zeit hast..?!“ mein innoffizielles 2. Album und dafür, dass es ein Experiment war, bin ich mehr als stolz. Ich hoffe, damit einigen Menschen den Soundtrack zur Zeit geliefert zu haben. Gleichzeitig wollte ich auch deutlich machen, dass ich noch am Start bin. Ich denke, das ist mir ganz gut gelungen und Reggae-Town.de ist dafür eine sehr gute Plattform. Aber so ganz zufrieden ist der Künstler ja nur selten, deshalb hätte ich gern die Mittel, um alles noch mal einzuspielen und zu mastern.

Big Up! Eine Story , die dir auf dem Weg zum Album  passiert ist..?
Manja: Das Album ist zu größtenteils online entstanden. Phil Harmony hat in Berlin die Riddims entworfen und ich in Leipzig die Melodien und Texte. Aus manchen anfänglichen Loop wurden wunderbare Stücke, die auch live sehr gut funktionieren. Wir haben es geschafft, aus einer Myspace- Freundesanfrage eine richtige Freundschaft aufzubauen - weit  über das Netz und das Musikalische hinaus. Ich weiß, er mag es nicht hören, aber mit meinen Augen gesehen hat er etwas von einem Propheten, der wahnsinnig viel durchblickt. Er ist Teil eines Kreises, der weit reichend positiv agiert. Für mich sind Menschen, die mich auf diese oder andere Weise begleiten enorm wichtig.

Big Up! Nur ein halbes Jahr nach dem ersten  Album ist „Mein Reggaegefühl“ erschienen (Juni 2009). Lass uns doch etwas über das Album reden. Wie kam es zu dem Kotakt zu MKZWO?
Manja: MKZWO hat mich nach meinem „neuen“ Album gefragt und mir Distribution angeboten, ich suchte gerade einen Weg, das liegen gebliebene Album doch noch zu veröffentlichen und so sind wir zusammengekommen.

 



Big Up! Wie schreibst Du Texte?
Manja: Das ist total unterschiedlich. Ich schreib ständig Texte und lass mich genauso auch von Instrumentalen inspirieren. Manchmal staune ich selbst darüber, wie die verschiedensten Arten von Instrumentalen meine Kreativität anregen, wie viel ich zu sagen habe.

Big Up! Stammen die Texte aus deinen Erfahrungen?
Manja: Ich schöpfe Ideen nicht ausschließlich aus dem eigenen Erleben, sondern versuche, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Für manche Zeile muss man sich in andere Menschen hineinversetzten können. Ich möchte aber auch nicht nur von mir erzählen - mein Input besteht ja aus vielen Eindrücken. Das Zwischenmenschliche ist mir ein wichtiges Thema, sowohl bezogen auf eigene Erfahrungen als auch auf die der Anderen.

Big Up! Wer ist der Homecrown Terrorist?
Manja:  Da würde ich jetzt gerne sagen, das sei der Ex von einer guten  Freundin, aber das wäre gelogen. Ich denke, die Meisten haben diese Situation schon erlebt: Jemanden eine Krone aufzusetzten, ihm den Thron in meiner Welt anzubieten, um dann festzustellen, dass sie oder er im Grunde mein Herz terrorisieren.

Big Up! Du scheinst dich politisch zu interessieren, wie kommst du zu Texten wie in „Soldaten“?
Manja: Selbstverständlich beschäftigt mich das Weltgeschehen, aber manchmal  glaube ich, „Politricks“ sind nur schwer zu durchblicken. Ich kenne Menschen, die sich zum Wehrdienst verpflichtet haben, hab mir z. B. von den Grausamkeiten damals im Kosovo oder heute in Afghanistan erzählen lassen. Ich verfolge die Nachrichten, solchen Themen wie Krieg will ich nicht unwissend gegenüber stehen. Ich habe eine Meinung und die möchte ich sagen. Kindersoldaten, jugendliche Militärs und zivile Opfer dürfen kein Preis für die Freiheit von Menschenrechten sein. Es mag wie ein Traum klingen, aber ich halte es für die richtige Einstellung: Gewalt darf nicht der Weg zur Lösung sein.

Big Up! Eins meiner Lieblingslieder ist „Fehler“ könntest du dein Gefühl zu dem Tune etwas näher ausdrücken?
Manja: Ich sehe, dass es Menschen gibt, die ihre Verantwortung für das eigene Handeln von sich wegschieben und dann ist es Jah, der verantwortlich ist oder eben die Anderen, die es richten sollen. Selbstreflexion ist meiner Meinung nach vollkommen unterschätzt in unserer Gesellschaft. Fehler zu begehen ist menschlich und gehört zum Leben und Lernen dazu, doch diese Fehler zu ignorieren, hinzunehmen und nicht zu hinterfragen, ist in meinen Augen ein Vergehen an sich selbst und unter Umständen auch an anderen.

Big Up! Du unterstützt Stop Murder Music. Lust einen Kommentar zu aktuellen Themen, wie den Verbot von Buju/Sizzla/Bouty etc. geben?
Manja: Ich hab mich bei Stop Murder Music eingetragen, als ich auf der Suche nach einem Gegenpol war. Ich gehe da wortwörtlich mit, doch geht es mir vorrangig um die Bewusstwerdung dessen, was wir da tun - hören, beschwören. Mir läuft der Schauer eiskalt über den Rücken, wenn  ich daran denke, dass es eine Menge Menschen da draußen gibt, die kein Wort von dem Sound verstehen und es einfach „fressen“. Andere nehmen das Thema wieder zu ernst. Ich bin für eine offene Diskussion, doch scheint es mir manchmal so, als fehlt da die Toleranz beider Seiten. Das Platten auf den Index kommen und die Forderung von Schließungen (wie z. B. U-Club) laut werden, ist meiner Ansicht nach ein Zeichen dafür, dass wir, die wir denken der Diskussion überdrüssig zu sein, noch nicht mal angefangen haben zu realisieren, was passiert. Jamaika ist nicht Deutschland, wir können nicht das Ganze eins zu eins sehen. Und wenn Sizzla sagt, er wolle nur das „Männer-Frauen-Ding“, dann ist das seine Meinung, sein Glaube, seine Erziehung – solange er auch gegenteilige Meinungen akzeptiert. In Äthiopien werden noch immer über 70 % der Frauen beschnitten - das nenne ich ein Problem! In Jamaika gibt es ein Gesetz, das gleichgeschlechtlichen Sex verbietet... Sind das nicht Tatsachen, gegen die man seine Kraft und Energie aufbringen sollte? Es gibt viel  zu tun... Aber was kann der allgemeine Reggae-Hörer dafür, dem du einfach sagst, dein Club wird geschlossen und Sizzla Buju oder andere kommen nie wieder hierher. Ist das wirklich der richtige Ansatz? Gibt es so eine Chance auf Diskussionen, die uns vorwärts bringen? Da  hilft auch ein Compassionate Act nicht, um das eigentliche Problem, nämlich die Unwissenheit, anzugehen.

Big Up! Was stehen bei dir für Projekte an?
Manja: Im Februar bin ich on Tour mit dem Female Reggae Showcase, plane an einer eigenen Tour mit meiner Band und arbeite an meinem nächsten Album. (Und die Welt ein Stück verändern)  ;)

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Die Sendung. Firegyal on Air,  läuft aller 4 Wochen auf auf www.radioblau.de und www.bigvibez.com

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