Man muss einfach überzeugen Nach dem Erfolg ihres Debüts „Kalahassi“, und der darauf folgenden europaweiten Konzert- und Festival-Tour, gibt es wieder Neues von Jamaram zu berichten. Ihr neuestes Werk „Ookuchaka“ steht seit kurzem in den Regalen der Plattenläden, also höchste Zeit einmal ein paar Fragen an die Vollblutmusiker aus München zu richten. Ihm Rahmen ihrer Strassenmusik- Tour, die die Bandmitglieder Tom, Sam und Murxen bestritten, verschlug es die Jungs auch in die Räume unserer Redaktion... www.Jamaram.de |
Im Anschluss an das Interview ging es ab in die Kölner City. Dort präsentierten sie in der Fussgängerzone und im Station Backpacker-Hostel am Bahnhof den Leuten die Songs ihres neuen Albums und rissen die Menschen durch ihren Mix aus Reggae, Rumba, Ska und Soul total mit!
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BigUp! Wie, wann und wo habt ihr euch gegründet?
Jamaram: Wir haben uns 1999/2000 in einem Musikcafe in Herrsching, als Sam noch am Ammersee wohnte getroffen und haben dort auf der Bühne Musik „gelernt“ bzw. gecovert und einfach gespielt. Irgendwann kam dann „Murxn“ dazu, Sam hat den Offbeat entdeckt und gemerkt: man kann darauf prima chanten.
Daraufhin haben wir nur noch Freestyle gespielt und uns musikalisch ausgelassen. Nach und
nach kamen dann immer mehr Leute dazu, wir haben eigene Texte und Songs geschrieben und
so kam es zustande. Zum Grossteil kannten wir uns schon aus „Schulbus“-Zeiten, sind Freunde
und so hat dann auch als Band alles gepasst. Aktuell sind wir nun zu acht bei Jamaram!
BigUp! Wie würdet ihr eure Musik bezeichnen?
Jamaram: Es ist eine schöne Mischung aus südlichen/ südamerikanischen Musikstilen und viel Reggae, sowie Singer/Songwriter Elementen. Nur eben kein „purer“ Reggae, sondern ein Mix
mit Samba, Rumba und Flamenco.
BigUp! In Kürze erscheint euer neues Album Ookuchaka - was bedeutet der Titel des Albums?
Jamaram: Der Titel des Albums „Ookuchaka“ war eine schwere Geburt! (lachen) Wir sind zu dem Namen dadurch gekommen, dass wir im Proberaum oft in Lautsprache miteinander komunizieren, wie: Murxn mach mal Opupuka Opupuka, oder Tom du machst dann: Löllöllöl, und bei mir hieß es: Sam und du schön Ookuchaka. Ookuchaka ist sozusagen der Gitarrenrhytmus, der sich wie ein roter Faden durch unsere Musik zieht. Deswegen dieser Albumtitel.
BigUp! Euer neues Album ist im Vergleich zum Vorgänger etwas ruhiger. Woran liegt das?
Jamaram: Es liegt daran, dass wir in der Phase, in der wir uns gerade befinden, nur ruhigere Songs geschrieben haben. Wie soll ich sagen? Ich weiss nicht genau woran es liegt! Wir spielen
einfach Songs auf die wir Bock haben und es hat sich herauskristallisiert, dass die Songs so
auf das Album kommen. Vielleicht sind wir aber auch einfach ein wenig gereifter, denn jeder von
uns macht ja schon ein Weilchen Musik. Nach wie vor spielen wir ja auch die schnelleren alten
Songs und sind auch ständig am Schreiben neuer Lieder. Es kommt und geht alles in Zyklen und früher oder später gibts auch wieder mal ein „schnelleres“ Album. Das muss aber von alleine kommen. Wir haben einfach auch einmal unsere ruhige Ader ausgelebt und experimentiert.
Es gibt sogar auch schon Pläne für ein Akkustikprojekt mit Künstlern wie Jahcoustix und Toms
Schwester. Dies ist allerdings vorerst nur ein „Funprojekt“ bzw. eine Idee.
BigUp! Wer ist bei euch für die Texte verantwortlich? Teilt ihr euch die Arbeiten?
Jamaram: Ja, wir teilen uns die Arbeiten. Hauptsächlich machen das Tom und Sam – sozusagen 50:50. Es ergibt sich aber auch meistens so beim Proben. Der eine spielt ne Hookline und dem anderen fällt dazu gleich das ein, dem anderen dies usw. Es ergibt sich einfach so!
Nico, ein Freund von uns aus Argentinien hilft dabei die spanischen Sachen zu schreiben. Wir
arbeiten einfach alle irgendwie zusammen. Auf dem neuen Album gibt es ein spanisches Kinderlied, dass Tom geschrieben hat, sozusagen der „Hidden Track“ auf „Ookuchaka“
BigUp! Was hat es denn mit den Jamaram Supportern auf sich?
Jamaram: Das ist die gesunde Alternative zu einer großen Plattenfirma! Jede Plattenfirma kümmert sich darum, dass die Platte beworben wird, Plakate aufgehängt werden etc. Das können wir uns nicht leisten und deshalb gibts die „Jamaram Supporter“ - Fans aus der Schweiz, Deutschland und Österreich, verteilt auf ca. 190 sogenannte „Streetteams“, die von uns dann Flyer, Aufkleber und Poster bekommen, die sie dann wie wild in ihren Städten verteilen und plakatieren. Als Dankeschön gibt’s T-Shirts und andere Gimmicks. So profitiert jeder davon. Interessierte können sich dafür ganz einfach auf unserer Homepage bewerben!
BigUp! Beschäftigt ihr euch auch mit der „Reggaeszene“ oder versucht ihr bewusst euch
davon abzuheben?
Jamaram: Wir sind ja irgendwie automatisch mit drin. Es war ja nie so, dass wir gesagt haben,
wir wollen jetzt unbedingt da rein und deshalb machen wir jetzt mal Songs mit Offbeat.
Wir sind da so reingerutscht, da uns die Musik gefallen hat, wir die Musik auch gespielt und
viele Konzerte gegeben haben. Wir wollten aber nie unbedingt ein Teil dieser Szene werden.
Es gibt viele Dinge, die uns zusagen, aber auch einiges, was uns mißfällt. Wir sind ja auch nicht
die typischen Conscious Reggae Typen, da fehlt auch ganz einfach das Wissen dazu.
Für uns zählt einfach nur die Musik!
BigUp! Woran liegt es, dass ihr meist „nur“ im Süddeutschen Raum zu sehen seid?
Jamaram: Das liegt leider daran, dass man als 8 köpfige Band leider nicht oft genug lukrative Angebote bekommt. Es ist ja auch ein Haufen Geld, den die Veranstalter bezahlen müssen, von der Anfahrt bis zur Unterkunft. Als „unbekannte“ Band ist es dann nicht ganz einfach in anderen Städten, die weiter entfernt liegen, Gigs zu bekommen. Wir würden auch gerne vermehrt hier in NRW spielen, da hier die Leute viel lockerer und gechillter (nichts gegen den Süden!) auf Partys sind, aber leider reicht dazu unser Bekanntheitsfaktor noch nicht aus. Aber vielleicht wird ja der Auftritt auf dem Summerjam zum „Sprungbrett“ für uns.
BigUp! Bei so vielen Bandmitgliedern kommt es da nicht auch des öfteren zu Meinungsunstimmigkeiten? Wie sieht euer Touralltag aus?
Jamaram: Es kommt dauernd zu Meinungsverschiedenheiten. Wir sind 8 komplett unterschiedliche Typen und wir geraten oft aneinander, wo es dann auch sehr emotional zugeht. Aber es ist eine Aufgabe die Spass macht. Man wächst zusammen und lernt den Umgang mit Menschen und seine Meinung zu vertreten. Alles in allem schweißen solche Situationen
Jamaram zusammen. Denn was über allen Streitereien liegt ist die Band, die an erster Stelle
steht und nicht das Ego des Einzelnen!
BigUp! Engagiert ihr euch politisch oder sozial?
Jamaram: Ja, da wir immer gerne Live spielen und auch immer wieder Benefize reintrudeln,
liegt es auf der Hand dies auch zu machen. Wir würden auch gerne noch viel mehr machen,
aber das klappt zeitlich und kostentechnisch einfach nicht. Allerdings gibt es nicht schöneres als zu tun, was man liebt: live zu spielen, und gleichzeitig dabei und dadurch anderen Menschen zu
helfen. Das ist auch der Hauptgrund, warum wir immer wieder gerne auf Benefizkonzerten spielen. Speziell für die Baobab Family haben wir schon 7-8 Konzerte gegeben. Dieses Projekt
baut Häuser und Schulen in Kenia und leistet durch Ausbildung und Arbeitsplätze Hilfe zur
Selbsthilfe. Was wir noch unterstützen ist „Fair Player“ - ein Projekt gegen Gewalt an Schulen. Dort klärt man Kinder und Jugendliche über Gewalt und Waffen auf und ermöglicht ihnen bereits
illegal erworbene Waffen straffrei abzugeben. Zusätzlich werden Gespräche mit Psychologen
u.v.m. angeboten. Dieses Projekt hat bisher eine sehr hohe Erfolgsquote und deshalb freuen wir
uns auch Fair Player „Paten“ zu sein.
BigUp! Stimmt es, dass ihr ab und an auch Strassenmusik macht?
Jamaram: Nein, das stimmt nicht, wo hast du das gehört, wer hat dir das erzählt? (lachen)
Ne, quatsch - ja, wir sind zur Zeit auf Strassen- Tour um unser neues Album zu promoten. Dort
erreicht man nicht nur die Leute, die in den Clubs abhängen und eh unsere Musik hören, sondern
auch die Hausfrau, den grantigen Nachbarn und die alte Omi mit ihren drei Enkelkindern. Das ist sehr schön und auch eine gute Prüfung, denn man muss einfach überzeugen. Niemand kennt
einen und man ist „niemand“. Wenn dann die Leute anfangen zu feiern, zu tanzen und zu
klatschen, dann hat man es geschafft auch mal Menschen zu animieren, die zuvor noch nie was von Reggae gehört haben oder damit zu tun hatten. Das ist neben dem persönlichen Kontakt zu den Menschen das schöne an Straßenmusik. Es passieren auch immer wieder die abgefahrensten Sachen: plötzlich stellt sich jemand dazu, macht Beatbox und schon bist du eine Beatbox Combo mit Reggae-Einflüssen. Das ist einfach real, interessant und schön zu erleben. Man lernt so viele Menschen und andere Strassenmusiker kennen und schliesst Freundschaften. Was noch wichtig ist, man lernt zu überzeugen, denn die Konkurrenz auf der Strasse, wenn man davon überhaupt sprechen kann ist sehr gross. Zusätzlich ist es guter Ausgleich zum normalen Touralltag.
BigUp! Zum neuen Album gibt’s auch n Video? Lust uns darüber etwas zu verraten? Wo wurde gedreht, vor allem worum geht es in dem Video?
Jamaram: Der Song und das Video handeln von Megan - einer guten Freundin von Sam, die in den Staaten lebt. Sam bekam nen Anruf, das um neun morgens Megan vorbeikommt, woraufhin dieser total happy war und anfing neue Akkorde zu schreiben. Jahre später haben wir dann genau diesen Song aufgenommen und beschlossen ein Video dazu zu drehen. Die Rolle der Megan übernimmt Cosma Shiva Hagen, gedreht wurde in und um München. Zu sehen ist es derzeit nur auf unserer Homepage, da wir von VIVA und MTV leider eine Absage bekamen, da die Konkurrenz zu gross ist. Aber trotzdem ist der Clip gut geworden und ihr müsst ihn euch unbedingt ansehen!
BigUp! Was sind eure musikalischen Ziele?
Jamaram: Möglichst weiter zu machen und viel zu spielen. Auch einmal etwas raus zu kommen aus dem Süddeutschen Raum und wieder in anderen Ländern zu spielen wie Italien, Spanien, Frankreich oder den Balkan. Balkan ist übrigens spitze! Big Up to Balkan! Es ist wahnsinn wie die Leute dort feiern! Die gehen so richtig ab. Wir wollen einfach viel spielen und am liebsten auch gut bezahlte Gigs auf kleinen Bühnen (lachen)! Denn Konzerte auf kleinen Stages geben einen ne ganz andere Energie! Klar, grosse Festivals haben auch ihren Reiz, aber wir müssen gestehen, letztes Jahr auf dem Chiemsee Reggae Festival spielten wir vor tausenden Fans, und wir hatten so richtig Schiss und Lampenfieber! Die Gefahr die so grosse Auftritte mit sich bringt, ist die "abzuheben"! Nachher kommen zig Leute, klopfen einem auf die Schulter, wollen Autogramme und sagen wie gut wir doch sind. Das flasht schon sehr, aber man merkt auch das viele nur noch sagen was man gerne hören möchte. Deshalb sind auch kleinere Konzerte wichtig, um auf dem Teppich zu bleiben und auch mal gesagt zu bekommen das das ein oder andere auf der Bühne nicht so toll war. Es ist nämlich auch gut mal berechtigte Kritik zu bekommen. Diese Leute merken wir uns auch viel mehr als die äh, ihr seid ja super,toll - Typen!
BigUp! Arbeitet ihr auch mit anderen Künstlern/Bands zusammen?
Jamaram: Ja, wir lieben den Austausch der Musik und der unterschiedlichen Kulturen. Wir drei wohnen gemeinsam in einer WG und bei uns sind immer irgendwelche Musiker zu Gast die mit uns dann Musik machen. Wir fragen uns langsam schon wie unsere Nachbarn das überhaupt aushalten. Von morgens bis abends haben wir Sound am Start, meistens live - Gitarren, Trommeln und fünf Gesänge. Uns "taugt" das total, denn man lernt immer wieder neues dazu wenn man mit anderen Künstlern zusammenarbeitet. Auf dem neuen Album gibts auch nen Song mit nem Araber als Gesangspart, den hatten wir einfach in nem Münchner Cafe kennengelernt. Man lernt einfach immer wieder neue Menschen kennen, und wenn man mit denen auch noch gemeinsam Musik machen kann, dann ist dies was wunderschönes! Wer auch oft bei uns zu Hause ist ist Jahcoustix, mit dem wir bereits einiges gemacht haben. Zusammengearbeitet haben wir noch mit Emiliano aus Wien, Dickes B. aus Köln und noch vielen anderen.
BigUp! Was war bisher das erfreulichste und was das negativste Ereignis eurer musikalischen Karriere?
Jamaram: Harte Frage... Das positivste war das erste mal in den Plattenladen zu gehen und seine CD im Regal neben nen Jahcoustix oder Bob Marley stehen zu sehen. Das ist einfach geil! Du gehst da rein und siehst die da einfach stehn -das ist Wow!
Das negativste? Es gibt nichts wirklich negatives. Es gibt nur Dinge die man besser machen kann, das aber ist nicht wirklich negativ, denn durch Kritik etc. lernt man ja nur dazu. (CW)