Mocambique Report Die aufmerksamen und treuen Leser der Big up! dürften den Artikel meines Afrika-Aufenthalts von 2005 bereits kennen, für alle anderen sei an dieser Stelle nochmals darauf verwiesen: (LINK) Ich arbeitete damals als Freiwilliger in einem Öko-Tourismus-Projekt, das eine High-End-Lodge am wahrscheinlich schönsten Strand der Welt mit einem nachhaltig und autonom wirtschaftenden Entwicklungshilfeprojekt verband und damit der ganzen engeren Region, dem Distrito do Lago in der Provincia do Niassa in der Republica Popular de Mocambique (die Mocambiquaner lieben lange Namen...) Aufschwung erbrachte.

Zufälligerweise stießen aber nicht nur Reggae- und Dancehall-Liebhaber (also ihr, unser Stammpublikum) sondern auch die Schweizer Botschaft in Maputo, der Hauptstadt des im südwestlichen Afrika gelegenen Landes, auf meinen Bericht und kontaktierten unser kleines aber feines Magazin.

In Folge dessen begab ich mich diesen Sommer ein zweites Mal für mehrere Monate in eines der ärmsten Länder unserer Erde, um am Aufbau eines Ayurveda Ressorts mitzuhelfen, das ebenfalls in Verbindung mit einer Projekt zur dörflich/ländlichen Entwicklung steht.

 

Mocambique Flagge


Die ersten Wochen habe ich in Maputo verbracht, der größten Stadt des Landes mit ca. 1,5 Mio Einwohnern. Maputo ist – für afrikanische Verhältnisse- eine ausgesprochen schöne Stadt (nicht zu vergleichen mit grässlichen Beton-Lehmhütten-Clustern wie Lilongwe, Johannesburg oder Lagos) und bezaubert mit ihrem postkolonialen Flair, auch wenn sich überall Müllberge auftun, es massenweise Straßenkinder gibt und viel zu viel Geld in die –um ökonomisch wirtschaften zu können- viel zu wenig besuchten Einkaufscenter gepumpt wird, anstatt die Straßen, die sanitären Anlagen oder die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. In den Räumlichkeiten der Botschaft traf ich in enger Zusammenarbeit mit der Projektleiterin alle relevanten Entscheidungen bezüglich der Logistik, des Transports, der administrativen Anträge und der gestalterischen Planung des Projektgebiets selbst. Man kann sich überhaupt nicht vorstellen, wie unglaublich viel Vorbereitung in einem Projekt steckt, dass am nordwestlichsten Zipfel eines vergessenen Landes liegt, wo es weder Straßen, noch Strom, noch fließend Wasser und erst recht kein Telefon-/Handynetz oder Internet gibt. Im Land selber kann man außer Grundnahrungsmitteln. Benzin und Beton praktisch nichts kaufen, alles muss aus Südafrika oder teilweise Malawi importiert werden, das bedeutet aber nicht nur weite Wege und und viele Kilometer auf holprigen Strecken, sondern vor allem jede Menge inkompetente Grenzbeamte, unsinnige Zollvorschriften, lächerliche Sicherheits-Barrieren und jede Menge Papierkram. Der kleine Anhang „Grenzgang african style“ beschreibt dies genauer.


Mocambique bauen

 



Nach wochenlangem Planen, Kopf-Zerbrechen, Solarpumpen-Ausprobieren und Geländewagen testen ging es dann schließlich Ende Juni voll gepackt und bester Laune ca. 2200 km hoch in den Norden des Landes, zum direkt am Malawi-See gelegenen Projektgebiet. Die Tour von der Hauptstadt im Süden bis nach Nkholongue, dem Ziel nahe der tansanischen Grenze, dauerte etwa eine Woche und war geprägt von Gepäckdurchsuchungen (obwohl dank den Diplomatenkennzeichen schon deutlich eingeschränkt), massenweise Staub auf der Fahrbahn und noch viel mehr winkenden Kindern am Straßenrand. Ein einmaliges Erlebnis.

 

Mocambique lernen


Oben am See angekommen, stand die nächste Aufgabe direkt an: Unterkünfte bauen. Wir versuchten bei mindestens Windstärke 12 (subjektive Auffassung des Autors) unsere mitgebrachten Zelte irgendwie zu errichten, ließen uns dann von unserem Koch im Schutze eines umgefallenen Baobab-Baums auf einem traditionellen Holzgrill die wahrscheinlich leckerste Pasta der Welt zaubern und schliefen „abends“ gegen halb acht todmüde und mit Grillenzirpen im Hintergrund tief und fest ein.
 

Mocambique feldbau


In der ersten Woche vor Ort besichtigten wir das gesamte Projektgebiet, vermaßen das Land, führten stundenlange Gespräche mit den Dorfältesten, den ganzen „Offiziellen“ die sich der Reihe um vorstellen kamen und den einfachen Menschen aus dem nahe gelegene Dorf.
Schnell hatten sich über 100 Leute um einen Arbeitsplatz beworben (kein Wunder, wo das Projekt doch der einzige größere Arbeitgeber in der Region ist, der zusätzlich noch –im Gegensatz zu wahrscheinlich fast allen anderen Unternehmen im Lande- den Mindestlohn bezahlt und seine Arbeiter wie Menschen behandelt)  von denen dann auch direkt 40 Stück probeweise für 3 Monate angestellt wurden. Die lokalen Arbeiter aus Nkholongue wurden bevorzugt behandelt, da ein Ziel des Projektes ist, erst einmal eine „Kernzone des Profits“ zu bilden, anstatt das Geld an 40 verschiedenen Orten mehr oder weniger versickern zu lassen.
 

Mocambique kinder


Die nächsten Wochen waren geprägt von jeder Menge körperlicher und geistiger Arbeit, komplizierten Problemen und am Ende kinderleichten Lösungen, deutscher/schweizerischer Organisation und afrikanischem Frohmut, bestimmt 5 Neugeborenen (in einem 900 Seelen Dorf) und mindestens einer Millionen Versorgungsfahrten mit dem Auto. Es wurden Lehmziegeln geformt, getrocknet und gebrannt, unglaublich viele flache Steine für die Fundamente gesammelt, Bäume gefällt, Bäume gepflanzt, eine 18 große Beete umfassende Farm angelegt, Latrinen gebaut, 3 Häuser errichtet (davon eins aus Holz und zwei aus den oben erwähnten Ziegeln), mit dem Bau einer Schule begonnen, Alphabetisierungs- und Englischunterricht vom projekteigenen Lehrer gegeben, eine Solaranlage zur Stromerzeugung aufgestellt sowie ein Warm- und Kaltwasser System inklusive Abwasseranlage installiert.


 

Mocambique


Zwischendurch dann immer wieder solch unvergesslichen Erlebnisse, wie die Frage „Quantos meninos tens? E quantas mulheres?“ (als „Wie viele Jungen (nicht Kinder) hast du? Und Wie viele (Ehe-)frauen?“  zu verstehen ) und dann die Antwort auf die Gegenfrage so in etwa
„Ich habe nur 2 Frauen, mehr kann ich mir leider nicht leisten“ lautet; oder wenn man gerade im kristallblauen, warmen, wunderschönen Süßwasser friedlich umher schnorchelt und plötzlich das auf einem nur 10m entfernten Felsen hockende Krokodil entdeckt.
Nicht zu vergessen sind auch die Samstagabende, an denen ich meinen Laptop ausgepackt habe und mit rund 30 Leuten in großer Runde unter dem unglaublichsten Sternenhimmel dieser Erde auf meinen 15 Zoll Bildschirm starre und „Apocalyptico“ im Maya-Orginal-Ton mit französischen Untertiteln (jaja, die billigen Straßen DVDs...) schaue. Obwohl niemand auch nur ein einziges Wort verstanden hat, war es doch der wahrscheinlich spannendste Filmabend den ich je erlebt habe. Unbeschreiblich
 

Mocambique sky


Mitte August musste ich jedoch dann auch schon wieder den Menschen, die mit der Zeit wahre Freunde geworden sind, dem Projekt und damit auch der gesamten Region meinen Rücken zukehren, um mein Studium beginnen zu können. Insgesamt war dieser zweite längere Aufenthalt in diesem unglaublichen Land eine weitere, beeindruckende Erfahrung und wird mir – und jetzt vielleicht auch euch – noch für sehr lange Zeit in Erinnerung bleiben.
Das Projekt läuft gut, momentan ist Regenzeit, aber bald schon können die Arbeiten fortgesetzt werden. In weniger Monaten werden dann auch schon die ersten zahlenden Gäste erwartet. Wenn es euch also einmal nach Mocambique verschlagen sollte, ihr eine Ayurdveda-Kur an einem außergewöhnlichen Ort verbringen möchtet, oder ihr ein Projekt unterstützen wollt, das unabhängig von Spendengeldern, ohne Rückhalt von großen internationalen Organisationen und aus eigener Kraft entstanden ist und sehr sehr viel gutes in einer unvorstellbar benachteiligten Region tut, dann seht zu, dass ihr irgenwie in die Provinzhauptstadt Lichinga kommt, mietet euch einen Wagen und fahrt, immer westlich Richtung See bis zum Ende der Straße, dann einfach immer der Nase nach etwa 2 Stunden über die Sandpiste durchs Dickicht , biegt vor der –ich glaube es ist die- 28. Brücke links ab, tretet euer Auto irgendwie den Geröll-Abhang hoch und fahrt dann noch mal 1 Stunde durch den Dschungel und schon seit ihr da, in Nkholongue, im Distrito do Lago, in der Provincia do Niassa, in der Republica Popular de Mocambique. Bao viagem!(Lsch)
 

Mocambique

Mocambique

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