Interview (Text Julia Bärsch 2008 / Foto Erik Brilke 2009)
Nach der Veröffentlichung ihres dritten Albums “Schlag Alarm”, waren Mono&Nikitaman im Zuge ihrer “Zu viele dicke Kinder...”-Tour am 28 November 08 in München zu Gast. Im ausverkauften Backstage-Werk war die Stimmung in Kürze “Außer Kontrolle”, denn die Show von Mono & Nikitaman lud zum gemeinsamen mitfeiern ein.

 

Während ihres zweistündigen Auftritts gab das Duo Songs aus der gesamten Zeit ihrer musikalischen Zusammenarbeit zum Besten und sorgte so dafür, dass die ganze Halle in Bewegung geriet. Neben den neuen Liedern wie “Digge digge” und “Das alles” waren auch Klassiker wie “Gras ist legal” und “Stell dir vor es ist Krieg” geboten.
BigUp! nutzte die Gelegenheit, um vor der Show im Backstage-Werk mit den beiden zu sprechen:

Beschreibt doch mal kurz in ein paar Sätzen Euer neues Album "Ausser Kontrolle" und die einzelnen Songs.
Mono: Die Lieder sind wieder sehr unterschiedlich geworden. In der aktuellen Single “Digge digge” geht es um unseren eigenen Stolz, also den Stolz der Underdogs. Es gibt Lieder die sehr sozialkritisch sind, wie viele unserer Texte. Natürlich gibt es auch Partylieder.
Nikitaman: Für mich bedeutet “Außer Kontrolle” einerseits durchzudrehen, ein bißchen die Kontrolle zu verlieren, vielleicht über sich selbst, aber anderseits auch, dass wir außerhalb der Kontrolle stehen. Also machen was wir wollen, spielen was wir wollen, Alben machen wie wir wollen und Lieder machen über das, was uns gerade bewegt. Das ist uns eigentlich das Wichtigste.

Was dient Euch als Inspirationsquelle für Eure Musik?
M: Das kann Unterschiedliches sein. Inspirieren können mich Kleinigkeiten, also alles was man im Alltag so hört und sieht. Mich kann Musik genauso inspirieren wie Menschen, eine Stadt kann mich inspirieren.
N: Auf jeden Fall das Leben allgemein, die Konzerte, die Touren, die Festivals, die Menschen, aber dann auch wieder das alleine daheim sein und merken, was draußen in der Welt so passiert, was los ist, worum es geht. Dann stellt man sich Fragen, die einem keiner beantworten kann und die man dann versucht, sich selbst zu beantworten und das ist dann der Moment in dem Texte entstehen und Gefühle entstehen, die man dann in ein Lied verpackt, ohne Antworten geben zu müssen.

Die Tour trägt den provokanten Namen “Zu viele dicke Kinder...”, aus dem Song “Digge digge”. Warum habt Ihr Euch gerade für diesen Titel entschieden?

N: Dafür bin ich verantwortlich. Wir haben uns überlegt, wie wir die Tour nennen, weil wir ja gerade erst vor einem halben Jahr die “Außer Kontrolle”-Tour gemacht haben. Die Zeile “Zu viele dicke Kinder...” stammt ja aus der aktuellen Single “Digge digge” und ist garnicht gegen dicke Menschen gerichtet. Die einzige Kritik, die daraus hervorgeht ist, dass unsere Gesellschaft immer häufiger im Individualismus endet. Die Familien werden immer kleiner, die moderne Familie besteht meistens nur aus zwei Eltern und einem Kind. Jeder macht seinen Kram alleine zu Hause und deshalb gibt es vielleicht auch mehr dicke Kinder, weil sie frustriert sind.
M: Das ist aber garnicht so ernst zu nehmen.
N: Der eigentliche Grund ist sowieso, dass die Leute auf die Tour kommen sollen, zwei Stunden mit uns feiern und danach haben sie auf jeden Fall abgenommen.

Bei Eurer zweiten Single handelte es sich um das Lied “Das alles”. Was hat Euch dazu gebracht gerade diesen Tune hervorzuheben?
M: Wir fanden ihn beide gut. Es ist der älteste Tune auf dem Album.
N: Ich hatte die Videoidee zu Hause bei mir in Düsseldorf auf der Kiefernstraße. Ich wollte die Nachbarn filmen und die Leute, die ich schon immer kenne und dann haben wir auch noch ein paar Live-Mitschnitte gehabt und haben uns gesagt, wir wollen das Ding auskoppeln, das ist gut. In meiner Besetzerzeit wurde ich von der “Ton Steine Scherben”- Musik, also von Rio Reiser, beeinflusst und deshalb schien mir der Tune geeignet.

 

Reggae Artists


Reggae Dancehall
Was wäre Euer größtes Anliegen, wenn Ihr als Queen und König in Deutschland etwas verändern könntet?
N: Nur in Deutschland ist schwer, in einem Land befindet man sich ja schließlich automatisch in einem gewissen System.
M: Ich fände es gut, wenn alle gleich viel Geld hätten. Es sollte keine armen Menschen mehr geben in Deutschland. Die Kluft zwischen sozial ärmeren und reichen Leuten ist schon sehr groß, im Vergleich zu Österreich ist diese Spanne in Deutschland noch größer.
N: Grundsätzlich, auch wenn das schwachsinnig klingt, bin ich für die Abschaffung der Grenzen, und zwar nicht nur dieser europäischen Grenzen, sondern aller Grenzen. Jeder Mensch sollte frei dort hingehen dürfen, wo er will und dort leben wo er will. Außerdem sollte die Staatsverschuldung abgeschafft werden, die Weltbank sollte nicht dazu berechtigt sein, Zinsen zu nehmen und so wäre es möglich, dass sich die armen Länder von ihrer Schuldenlast befreien könnten.

Zu dem Song gibt es ein Video, das Euch u.a. bei Festivals, auf der Bühne und im Backstage-Bereich zeigt. Wo wurde es aufgenommen?

N: Ich war in Düsseldorf auf der Kiefernstraße und habe dort meine Nachbarn und die Leute gefilmt, die ich dort jeden Tag sehe und wir haben Live-Aufnahmen mit hineingenommen vom Splash-Festival, vom Posthof in Linz und vom Chiemsee-Reggae-Festival.

Auffällig ist, dass einige Textstellen im Video nicht hörbar sind. Hattet Ihr Probleme mit der Zensur oder habt Ihr Euch bewusst dazu entschieden?
N: Dem Label und uns war schon zuvor bewusst, dass gewisse Textstellen vermutlich der Zensur unterliegen würden.
M: Ich finde es nicht so schlimm, man hört ja schließlich immer noch heraus, was wir mit dem Text aussagen wollen. Unser System ist so. Es würde ansonsten keine Möglichkeit besteht, das Video öffentlich zu zeigen. Wir sagen ja trotzdem, was wir wollen.
N: Zensieren lassen wir uns ja nicht. Immer wenn mich jemand nach meiner Meinung fragt, dann sage ich ihm die. Wir wollen uns jedoch die Möglichkeit offen halten, auch auf öffentlichen Kanälen gesendet zu werden.

Jeder hat da ja sein ganz persönliches Erlebnis, gerade deshalb interessiert mich das besonders: Wie seid Ihr zur Reggae-Musik gekommen?
M: Ich war in Bristol, in England, und habe dort in einem jamaikanischen Viertel gewohnt. Und in der Bar, die als letztes noch offen hatte, wurde Reggae gespielt. Außerdem habe ich in einem Reggae-Plattenladen gearbeitet. So bin ich zu der Musik gekommen.
N: Ich habe in diversen Bands Percussions gespielt und auch viel mit afrikanischen Trommlern zusammen und gleichzeitig habe ich in einer Backingband als Percussionist angefangen, bei “Monster Riddim”. Außerdem habe ich zu dieser Zeit von einem Verwandten Reggae-Tapes bekommen...ja, so hat das angefangen.

Seit der Veröffentlichung Eures Albums im April seid Ihr ja fast ständig unterwegs. Die Tour geht noch bis Mitte Januar. Seid Ihr schon ausgebrannt oder habt Ihr noch an jedem Auftritt Freude?
M: Es ist lustig, dass die Leute denken, wir wären ständig unterwegs. Eigentlich hatten wir nämlich die letzten zwei Monate frei.
N: Aber vorher waren wir ununterbrochen auf Tour. Es ist schon viel. Ich habe mir allerdings vor Kurzem erst einen Monat Auszeit genommen und war in den USA, habe Urlaub gemacht und bin extrem erholt. Ich habe wieder riesig Lust auf Gigs, es ist super, es macht Spaß.
M: Ich werde auch richtig nervös, wenn ich nicht umhertoure, ich kann immer nicht so lange an einem Fleck bleiben, da kriege ich so ein Kribbeln...
N: Solange man nicht in Fußballstadien spielt, kann man in einer Stadt ja auch öfter auftreten.

Was kommt danach? Urlaub oder ein neues Projekt?
N: Wir werden jetzt erstmal nach Berlin umziehen, nicht aus beruflicher, sondern aus persönlicher Sicht. Ich habe ziemlich viele Freunde da und möchte jetzt einfach mal das Berliner Großstadtleben kennenlernen. Danach steht dann ein neues Album an.

Wo werdet Ihr die Weihnachtsfeiertage verbringen?
M&N: Auf Tour.
M: Wir sind erst am 22. Dezember zu Hause, haben unseren nächsten Auftritt aber bereits am 25. Dezember.
N: Wir werden wohl Kisten packen und den Umzug nach Berlin vorbereiten.
M: Dafür haben wir Silvester dieses Jahr frei.

Gibt es gute Vorsätze für das neue Jahr(2009)?
N: Ich möchte mich auf jeden Fall neuen Herausforderungen stellen, nicht einfach nur weitermachen, so wie es jeder von einem erwartet. Man erarbeitet sich Dinge im Leben und ist dann schnell geneigt, das einfach weiter zu tun, was man dann kann, aber die Herausforderung ist auch, immer wieder was Neues zu lernen, immer wieder weiter zu gehen. Ich habe das Gefühl, dass das Album, das wir noch nicht angefangen haben, das mir aber schon im Kopf vorschwebt, etwas anderes wird, als das bisher dagewesene. Ich will woanders hin. Es wird nicht einfach wieder ein Mono&Nikitaman-Album, also das Vierte in einer Reihe.
M: Es wird ein Mono&Nikitaman-Album.
N: Ja, das auf jeden Fall, aber nicht einfach in der Linie, die wir bis jetzt hatten. Das wird was Anderes, möchte ich mir selbst prophezeien.

Letzte Worte?......
M: Wir freuen uns auf heute Abend und auf die Tour. Und natürlich auf alle Leute, die mit uns feiern.

(Text Julia Bärsch 2008 / Foto Erik Brilke 2009)

Reggae Dancehall