Image Zutaten:
zwei gut gelaunte Menschen
ein Audi A4 Avant oder vergleichbares Gefährt, jede Menge Campingkram, den man am Ende doch nicht braucht, einen geschenkten ADAC Autoatlas, etwa 1500 € pro Person, 6 Wochen Zeit, ein paar Tropfen Mut, etwas Gespür für den richtigen Weg, und eine ordentliche Portion Dreistigkeit
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Vorbereitung:

Man plane ein solches Unterfangen einige Monate im Voraus, treffe sich dann aber doch erst eine Woche vor der geplanten Abreise zum „Brainstorming“, mache sich einen Notizzettel, damit jeder weiß, was er mitzunehmen hat, packe alle Sachen, die man mitzunehmen hat, in Hektik und Stress am Morgen des ersten Tages und bestelle sich vor der Abfahrt am Nachmittag des heißesten Tages des Jahres erst einmal eine erfrischende Pizza beim Italiener.
Nachfolgend packe man alle Sachen so in das Heck des Autos, dass sie zwar reinpassen, sie jedoch keinerlei strategische Position einnehmen, so dass man in der ersten Nacht, wenn Teil A und Teil B benötigt werden, nur an Teil C gelangt, da man sonst das komplette Auto auspacken müsste. Man setze sich hinters Steuer bzw. auf den Beifahrersitz, schiebe eine CD seiner Wahl ins Autoradio und fahre los.

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Zubereitung:
Köln wird auf dem schnellsten Weg Richtung Niederlande verlassen, immer Richtung Maastricht. Dort vervollständigt man zu horrenden Preisen seine Dope-Rationen für die anstehende, sechswöchige Reise, kauft frisch gepressten Mangosaft bei Albert Heijn und fährt weiter, quer durch Belgien, in das Land der Baguettes, Froschschenkel und Englisch-Hasser.

Die erste Station heisst Le Havre, der Verbindungspunkt zwischen kontinentalem und insularem, britischem Europa. Die recht langweilige Industriestadt wird dann auch auf direktem Wege wieder verlassen, man fährt über die eindrucksvolle „Pont de Normandie“, für die man 2,50 € blechen muss, kreuzt mitten in der Nacht völlig übermüdet von 800 gefahrenen Kilometern noch ein bisschen die Küste entlang und schlägt dann, nach zweistündiger Suche, am Ende eines Waldweges sein Zelt auf, nachdem man den Unterboden seines Autos auf dem zurückliegenden Schotterweg ramponiert hat.

Am nächsten Morgen wacht man auf, stellt fest, dass der Waldweg mitten in einem Wohngebiet liegt, bestaunt die nachts nicht wahrgenommen Häuser um einen herum, baut schnell das Zelt ab, ekelt sich am Gestank der nachts im Auto vergessenen, nass geschwitzten Sitz-Unterlags-Handtücher und fährt dann, ziemlich schmandig und klebrig, wieder zurück auf die am Vortag verlassene Küstenstraße.
Man bestaunt die vom Weltkrieg unversehrten, im Kolonialstil gebauten Prachtbauten der französischen Bourgeoisie, besichtigt ein paar D-Day Gedenkstädten, schmuggelt sich auf einen der teuren Campingplätze um sich in Ruhe zu duschen und zeltet dann, natürlich kostenfrei, auf einem saftig grünen Wiesenparkplatz mit grandioser Sich, Strand vor den Füßen und fehlendem „Zelten Verboten“ Schild.

An dieser Stelle wird es Zeit, die kürzlich erworbenen Genussmittel zu testen und den eigentlichen Start der Reise entspannt zu zelebrieren. In den nächsten Tagen genießt man die rauen Küsten der Bretagne, lacht über seltsame Denkmäler, welche die Ärmelkanal-Überfahrt eines französischen Captains 1944 glorifizieren (...wow! von Frankreich nach England mit dem Boot! 1944! Glückwunsch!), erlebt Kaufrausch pur in den riesigen Super-U Märkten, den noch größeren Intermarchés oder den alles übertreffenden Hyper-U’s und schmunzelt über die französische Sprache, die französischen Sitten und Gebräuche und die Franzosen selbst.

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Man zeltet auf Aussichtspunkten und wird morgens von seltsamen, Toupet-tragenden Opas mit Hunden geweckt, die „Camping interdit“ oder „Polizei...Camping värbohtään“ rufen, und dann doch abziehen, wen man sie nur lange genug zu ignorieren weiß.
Man kocht sich abends leckere Speisen auf dem doppelten Gasherd-Kocher, trinkt „Biere Blondes“ von einem der U’s oder leckeren Rotwein von der Tankstelle, bekommt Käsekuchen von überaus freundlichen Franzosen geschenkt, oder wird spontan zu geheimen Strandpartys eingeladen, die dann in einer recht betrunkenen Autofahrt und einem Zeltplatz auf einer Verkehrsinsel enden. Am nächsten Morgen wird man, am Strand sitzend und Baguette (fr)essend, von 95% der vorbeigehenden Menschen mit „Bon appetite“ angesprochen und kommt vor lauter „Merci“ gar nicht mehr zum essen.