Big Up! Magazin traf Sergio von Heartical Sound aus Paris.. Big Up! Wie hat sich die französische Reggae Szene entwickelt? Heartical : Die Lokale Reggae Szene in Frankreich ist wirklich sehr groß. Reggae kam Mitte der 80er Jahre in Frankreich auf. Damals gab es einige Sound Systems die mit einem Team von Dj´s oder Singern unterwegs waren, ganz wie in der jamaikanischen Tradition. Damals waren die Sounds mit Artists wie Tonton David, Sai Sai, Daddy Nuttea oder Daddy Yod unterwegs, deren Karriere in den späten 80ern zusammen mit der französischen Rap Szene durchstarteten. www.heartical.net |
Der Rap Sampler „Rapattitude“(89) hatte dann auch 3 Raggamuffin Stücke nebst französischen Rap. Tonton David erzielte grosse Verkäufe, und schon bald kam der erste französische Raggamuffin Sampler. Obwohl Rap in Frankreich explodiert ist, hat sich Reggae/Dancehall langsam entwickelt, doch das ist 14 Jahre her und wie Ihr Euch vorstellen könnt gibt es jetzt viele französische Artists.
Viele starteten früher als Mc und sind jetzt professionellen Artist.
z.B. Ragga Sonic Crew (Daddy Mory & Big Red), Daddy Nuttea, Piereoljack, Tonton David, Admiral T, Original Uman(Belgien), Yannis Odua, Azrock, Faycal, Mad Killah, Soha(w)
Die letzten haben sich vor 7 Monaten zu der „Backchich Bashment crew“ /1 Lp Label & shop Blue Moon/Paris) zusammengetan und einen Sampler mit den neuesten Riddims(Salsa, Coolie, Shanty Town, Juice..) herausgebracht. So langsam kann unsere Artists Szene mit der auf Jamaica aufschließen.
Auf der Sound System Ebene siehst Du heute, dass man den ganzen Abend französische Tunes spielen kann, und es funktioniert. Du kannst sogar nen Sound Clash nur mit französischen Tunes gewinnen. Das sieht man sonst nirgendwo, noch nicht mal in Belgien.
Das ist eine besondere Sache an Frankreich – hier in Deutschland würdet Ihr fragen „What happens is it national day?“.
Soul Stereo und natürlich Heartical sind bekannt, da wir auch durch Europa Touren.
Ansonsten gibt es viele Lokale Sounds die sehr gut sind, ich kann die alle gar nicht nennen.
Big Up! Rap hat sich in Frankreich also gemeinsam mit Reggae entwickelt?
Heartical: Ja klar, die Rap Szene kommt von der Reggae Szene.
U-Roy is der erste Rapper, der erste Dj „Cool Air“ ist ein Jamaicaner , der sich in New York niedergelassen hat. Also alles kommt von Jamaica. Aber dann in dem Misch der Kulturen als Rap nach Frankreich kam, gab es bereits viele die U-Roy oder Big Youth kannten. Auf einmal kommt Rap und klingt ganz ähnlich. Die Kultur war ja schon da.
Damals bei „Rapattitude“ halfen die Rapper den Raggamuffins, die keine Plattform für Ihre Arbeit hatten- ist halt alles „Black Music“. Auf den Partys gibt es das gleiche Konzept im Hip Hop wie im Reggae. Weil Hip Hop halt vom Reggae kommt. Darum ist auch alles so verbunden und man kann ganz gut miteinander arbeiten. Deswegen hast Du in Paris auch oft Shows mit Ragga und Hip Hop.
Big Up! Wie siehst Du das heutige Sound System Business?
Heartical: Früher gab es Sounds mit einer eigenen Dj Crew, 2 Selectas und einem Operator(z.B. Blues Party, King Dragon(1clash), Stand Tall), es waren 5-7 Leute unterwegs. Heute ist das nicht mehr vorstellbar. Wenn ich mit 7 Leuten komme, wer bezahlt das? Schau Dir mal Matterhorn oder Firelinks an- Einer macht alles, so sind die Dinge heute. Rodigan startete diesen Trend, würde ich sagen. Einer macht alles – das spart Kosten. Wir sind zwar 4 Leute, aber wenn es zum Booking kommt sag ich: „Spart Euch das Geld, es sei denn es ist genug Geld da verschwende nicht das Geld in Fahrkarten, gib mir das Geld für ne gute Show“.
Das ist logisch und der Trend. Heute reisen Selectors halt weit. Ich spiele jede Woche in ner anderen Stadt in Europa.
Aber es ist immer ein Problem, wenn Du einen Regular Dance hast, bist Du eingeschränkt, und da wir nicht ne Crew von 4-8 Leuten haben können wir uns nicht aufteilen.
Manchmal sind es nur spezielle Leute die den Sound ausmachen. Wenn Du Deine Dubplate Box wem anders gibts ist es nicht dasselbe. Schau dir Jaro an, wenn´s nicht der Crew-Leader ist, ist es nicht Jaro. Das selbe mit Massiv B, wenn´s nicht Bobby Konders und Jabba(NYC) sind, fühlst Du Dich nicht als würdest du Massiv B hören.
Also es is klar Tony Matterhorn , Firelinks – one man show. Wenn Du Matherhorn nicht hast, hast Du halt nicht Matterhorn. Aber wenn Matterhorn seine Dubplates verliert geht er hin und leiht sich ein paar Platten und es ist immer noch Matterhorn.
So wie man seine Tunes spielt, die Speeches die man macht, dass ist alles viel mehr der Sound als irgend ein Dubplate.
Big Up! Gestern hast Du einige deutsche Produktionen gespielt, wie ist dein Eindruck von der deutschen Reggae Szene?
Heartical: Ich bin jedes mal beeindruck, wenn ich nach Deutschland komme. Hier gibt’s viele Leute die Musik machen und die Massive kennt die guten Tunes. Global gesehen ein hohes Level in Deutschland, vor allem die Clubs sind echt gut. Ein guter Platz, wo Reggae sich entwickeln kann. Und man sieht es, viele Sounds, viel web-work, Riddim oder jetzt auch Big Up!- es tut sich was, ein gutes Zeichen.
Weil ich auch n Journalist bin kriege ich viel Platten aus Deutschland (Downbeat, PowPow, Germaican), kenne einige guter Artists, und sehe den Fortschritt der deutschen Reggae Szene. Obwohl Gentleman so etwas wie ein „Baum der den Wald versteckt“ ist, „ich weiss nicht ob er das überhaupt sein will- er ist einfach charismatisch“, kommen immer mehr gute Künstler zum Vorschein. Dann ist es natürlich auch dem „Boom“ der deutschen Produktionen zu verdanken- dass ist eine super Sache, wir brauchen „neues Blut“ um uns weiter zu entwickeln.
Grossen Respekt auch an alle Sounds, vor allem den Clash Sounds. Es gibt viele die eine Menge Arbeit und Geld in Reggae gesteckt haben. Ich weiss, das Business ist nicht einfach also Big Up!
Big Up! Deine Riddims sind auf Deinem Heartical Label erschienen. Wie bist Du zum Label Business gekommen?
Heartical: Wir machten schon lange Dances, zudem arbeite ich schon lange als Journalist. Durch die Arbeit habe ich eine Menge Künstler interviewt. Die sagten dann wieder anderen „Wenn Du nach Paris kommst- „check Sergio for interview/promotion““. Die Artists brachte ich zu Plattenfirmen oder sagte ich könne Sounds wegen Dubplates anrufen. So lernte ich sie und auch ihre jeweilige Karriere kenne. Als wir das Label starteten haben wir eigentlich nur dieselben Leute angerufen und mit Ihnen gearbeitet. Also wussten wir auch wenn jemand schlecht sang und konnten Ihm sagen „I know your voice you don`t sing like that“. Manchmal gibt’s auch Probleme z.B. mit dem Tape. In so einem Fall können wir nochmal zum Artist und er macht ne neue Aufnahme. Wenn Du aber einfach zu Elephant Man gehst und es gibt Probleme mit dem Tune, er wird dir nicht helfen, weil er dich nicht kennt. Deswegen sind alle Artists auf unserem Label Leute die wir gut kennen. (CW)