Es waren bereits die Lichter der Straßenlaternen aus, als ich den Keller des Klubs Frühauf verließ, wobei mehr Keller denn Klub das zutreffendere Attribut darstellt. Die Garderobe des auf „facebook.com“ zum „piekfeinsten Klub“ Leipzigs gekürten „Kartoffelkellers“ wurde zwar wegen ausbleibender Frequentierung geschlossen, doch bietet das geräumige Untergeschoss genügend dunkle Ecken, in denen Taschen und Jacken abgelegt werden können. Und so beginnt der Flashback. Aus der spärlichen, bunten Beleuchtung strahlt die selbstgezimmerte Bar mit ihrem kleinen aber feinen Angebot, von Bier über die verschiedenen Wodka- und RedBull- Mischgetränke bis hin zum Leipziger Nationalgetränk „Gisella“, heraus.

 Ich empfehle die Menge Sieben der abendlichen Gisellas nicht zu überschreiten. Sowohl Einlass (Knuth Kosubeck) und Bar (Did I Ranks) werden von der Fly High Crew autonom geregelt. Keine (ca.)20,5 Meter der Bar gegenüber thront auf einem leicht erhöhten Podest DJ Flo über seinem Set und verwöhnt die anwesenden Damen mit feinstem Loversrock. Ein Plakat mit Werbung für seine „The Realest“ Europatour mit Konshens ziert die kleine Bühne. Gegen eins ist noch nicht viel los, man nimmt Platz auf einem der Sofas oder den ausgedienten Kinositzen und dreht sein Tütchen. Danach wagen sich die ersten Dancer vor die Boxen, es wird voller und eine allgemeine Aufgeregtheit bei dem weiblichen Publikum macht sich breit. Breit war wohl auch Tom A. Giddeon dessen Übergänge heut nicht immer so recht fließen wollten und erst nachdem MC Tobi den Regler für die Lautstärke an der Technik fand, konnte das WarmUp wirklich starten. Das Set von Upliftment Intl. war durch die beiden sich  abwechselnden Selectas vielfältig gestaltet und konnte die Massive mit Ghetto Anthems, Lovers und Dubplates zum Hüftenschwingen überzeugen. Auch die eingeladene „One Man Army“ in Person von Selectah Spinback, Lokalmatador der „da Switch Crew“, wusste die aufgebaute Stimmung zu nutzen. MC Tobi grüßte Groupies indem er Florians Dubs für die sog. „Upliftment Ultras“ mit Introducing Speeches verschönte. Aber auch Selectah Spinbacks Heimvorteil wurde durch singende Headz bewiesen. Inzwischen hatte sich eine - für die Verhältnisse des Abends beträchtliche - Menge versammelt. Das ebenfalls stattfindende Regular von Heckert Empire in der Distillery mit den Phlatline Jungs hatte auch mich gelockt, doch sieben Euro für dieses spontane „Fligh High!“ Xtra waren zu fair. Nicht zu letzt freute ich mich wie ein kleines Kind, als (auch wenn alleinige Vertreter der Carnivalmusic) JW & Blaze aus den Lautsprechern dröhnten sowie knapp fünf Anwesende mit mir palance!-ten. Die folgenden New Dancehalltunes spannten die  Crowd auf die Folter, Rags wedelten durch die Luft und der MC präsentierte endlich den ersten Artist: „Tiwony“ alias Pliss Difé. Dieser war nicht nur für einen Videodreh mit Konshens extra aus Paris angereist, sondern ebenfalls um den Leipzigern eine gehörige Portion Rootsreggae and straight rasta culture um die Ohren zu hauen.  Nach einigem aufmerksamen Hören und Mustern von Turban und Sonnenbrille wendete ich mich dem Paper zu und wurde erst durch einen plötzlich steigenden Lautstärkepegel der Ankunft Konshens auf der Bühne gewahr.

 

Wie ein geborenes Bühnentalent, aufmerksam und mit fröhlichem Blick kam er aus den Zwängen des Pull up gar nicht heraus. Mit dem frech grinsendem Darrio sang er harmonisch und beide betörten die Damenwelt mit ihrem Charme. Bei “Good girls gone bad“ gewann das männliche Publikum (dank Fußballerfahrung) den von Konshens spontan organisierten Gesangskontest gegen die Ladys. Auch scheute keiner der beiden Jamaikaner den einen, noch fehlenden Schritt in die Menge, welche tobte. Alles in allem wirkten sie wie ein gut eingespieltes Team, während sie sich wie beiläufig die Mics tauschten. Zum nahenden Ende der Show wurden auf Konshens Bitte hin die elektrischen Lichter gelöscht und Feuerzeuge entfacht. Durch die entstandene Stimmung konnte er sich aller Aufmerksamkeit gewiss sein und faszinierte mit „I´ve got to go“(erschienen unter Infinite Recordz & Undisputed Records). Schließlich ging er wirklich - im Halbdunkeln hinter die Bühne - und gab, nach einem kurzen aber lauten Big up, mit Darrio eine Zugabe.

 

Wurde das Backing  der Artists während der Show noch von Upliftment Intl. geführt, übernahm nun wieder Mr. Spinbaclaat höchstpersönlich die Turntables und offerierte ein Dubplate nach dem anderen, welche mimisch und gestisch unterlegt, durch ihn vom Feinsten kommentiert wurden.

 

Ich kann die „The Realest“ - Tour nur empfehlen, es ist eine Freude diesen gutaussehenden Bad Bwoys beim Singen zuzuhören, weil hier Talent, Glaubwürdigkeit und Professionalität trotz einer gehörigen Spur Witz auch auf der Bühne erhalten werden. [Josephine Schneider] Photos: Upliftment Ultras

 

 

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