Martin Zobel Manchmal ist weniger mehr. Martin Zobel reicht seine Stimme und Gitarre - damit verbreitet er seine Message und begeistert nicht nur Reggae Fans. Vor kurzem veröffentlichte der Songwriter mit der ausdrucksvollen Stimme und wilden Rastamähne sein Soloalbum „Soul To Soul“, eine sehr gelungene Akustikreggae-Produktion. Um etwas mehr über das neue Album und den Sänger / Gitarristen zu erfahren, stellten wir dem gebürtigen Bayern im Interview ein paar interessante Fragen. www.martin-zobel.com


Dein letztes Album hattest du ja mit der Soulrise-Band eingespielt. Dein neues Album „Soul to Soul - We Can Make A Change“ hingegen ist ein reines Akustik-Werk. Wieso? Wolltest du eine neue Herausforderung?

Ich bin eigentlich voll der Akustiker... Angefangen hab ich mit Gitarre und mein erstes Album (im Eigenvertrieb) war auch ein reines Akustikalbum, nur nicht so aufwendig produziert wie das Aktuelle. Da ich viel mit Band unterwegs war im letzten Jahr, dachte ich mir, ich hätte auch gerne mal wieder ein Akustikalbum. Auf meinen Solokonzerten spielte ich immer wieder Songs, die ich mit Soulrise nicht spielte, diese fanden prima Anklang beim Publikum, also sollten die Fans die Lieder auch auf CD erhalten. Zum anderen war es für mich auch total spannend alles nur mit Akustikinstrumenten einzuspielen und alles selbst zu produzieren. Das war schon eine ziemliche Herausforderung für mich.

Du konntest so dein komplett eigenes Ding machen, oder?
Ja, ich bin ein Mensch der gerne alles selbst macht und die Fäden in der Hand hat. Klar bespricht man einige Dinge mit Kollegen und Freunden, holt sich Infos und Feedback, aber das ist ja auch normal. Bei „Soul to Soul“ konnte ich nun komplett meine eigenen Vorstellungen umsetzen, daher auch der Albumtitel, denn alles kommt von mir und ist zu 100 Prozent Martin Zobel.

Einige bezeichnen dich als sehr authentischen Künstler. Was glaubst du, wieso?
Es schmeichelt mir natürlich so etwas zu hören, aber mein persönlicher Anspruch ist es auch wirklich authentisch zu sein. Ich versuche das umzusetzen wovon ich rede und singe. Für mich wär es am schlimmsten nicht zumindest in guten Ansätzen das sein zu können, was ich versuche zu sein. Oft hab ich selbst schon Künstler gesehn, von denen ich dachte „Wow, die haben Ausstrahlung, bringen ne Message rüber und später bemerkt man das war alles nur leeres Gerede“, - so eine Enttäuschung will ich meinen Fans gegenüber nicht sein. Ist ein Künstler auf der Bühne authentisch, hat das Ganze auch viel mehr Kraft und Intensität und kann so mehr bewirken. Gerade die jüngeren sehen Musiker als Vorbilder, daher ist es am Besten wenn ein Künstler auch hinter dem steht was er tut! Durch das Unterstützen von Projekten wie Baobab oder Fairwear versuche ich Gutes vorzuleben. Mein Anspruch ist es die Verbindung zwischen dem was ich auf der Bühne erzähle, mir selbst und den Fans herzustellen, so handle und versuch dabei möglichst konsequent zu sein.  

Glaubst du daran durch deine Songs etwas in  den Köpfen der Fans zu bewirken?

Ich glaube schon! Musik ist eine internationale Sprache! Musik kann viel bewirken und verändern. Bei mir war es Bob Marley - seine Musik, Texte haben mich stark beeinflusst. Wer mich noch aus meiner Jugendzeit kennt und sieht wie ich jetzt bin, kann bestätigen das es bei mir eine 180 Grad Wendung gab. Deshalb glaub ich das Musik auch etwas verändern kann. Mein Lied „We can make a change“ soll auch so etwas bekräftigendes sein. Es gibt viele junge Menschen die früh resignieren, die denken „Was soll ich denn machen, als Einzelner, einer allein?“ Aber ich glaube jeder Einzelne kann etwas ändern, gemäß dem Motto „Viele einzelne Tropfen höhlen den Stein!“ Die Zukunft gehört der Generation die jetzt kommt, und diese kann selbstverständlich etwas bewirken und verändern! - das vermittel ich den Fans.


Martin Zobel

Verarbeitest du in deinen Liedern auch viele persönliche Erlebnisse?

Fast ausschließlich! Wenn mich etwas richtig bewegt und beschäftigt, schreibe ich einen Song darüber, egal ob ich es selbst erlebt habe oder nicht. „We can make a change“ ist ein gutes Beispiel dafür. Das Lied entstand ohne grossartig nachzudenken, ich fand einfach fast jeder Mensch hat 2 gesunde Hände - viele Hände gemeinsam können Großes bewirken.Ich persönlich will auch nicht später meinen Kindern in die Augen sehen und sagen: „Sorry - ich habs voll vermasselt...aber ihr schafft das trotzdem, schon in Ordnung so, oder? Meiner Meinung nach sollte jeder zumindest ein stückweit versuchen für unsere Kinder die Welt etwas besser, wie bei „We can make a change“, zu hinterlassen.

Was dient dir als Inspirationsquelle? In einem Song singst du „Thank You Jah“ - spielt der Glaube also eine grosse Rolle für dich?
Ja, ich bin schon sehr gläubig. Nur verwende ich lieber Jah für Gott. Jah klingt weicher, Gott sehr hart. Ich will mich auch in kein Klischee stecken lassen, würd nicht sagen ich wär Christ, sondern ich bin einfach gläubig. Übersetzt heißt Jah „Ich bin, der Ich bin, ich bin da“ - und das ist das Gefühl was Gott eben für mich ist. Das etwas da ist, woran ich nicht zweifel. Ich bin auch ein sehr dankbarer und positiver Mensch. „Thank you Jah“ entstand aus dieser Dankbarkeit. Ich saß im Zug auf dem Weg zu nem Gig und ich war in dem Moment so dankbar dafür das Musiker mein Job ist. Viele Menschen müssen am Fließband arbeiten, oder haben gar keine Arbeit, ich aber darf machen was mir am meisten Spaß macht, meine Musik. Hört man sich das Lied genau an, hört man genau heraus warum ich so dankbar bin.

Deine Texte sind ja sehr Conscious. Willst du bewusst der „Slackness“, die sich im Reggae / Dancehall abspielt, entgegenwirken?
Bewusst entgegensetzen nicht, ich würd nur nie solche Texte schreiben. Musik hat viel mehr zu bieten als Slackness. Vor allem Reggaemusik ist ein wunderbares Transportmittel um eine Message zu verbreiten, zusätzlich kann man auch perfekt tanzen dazu. Bei einigen Solokonzerten auf denen ich ganz ruhige Lieder vor mich hinklampfte, ist mir aufgefallen das nach ner gewissen Zeit die Aufmerksamkeit nachlässt, da die Leute nicht dauerhaft zuhören und still sitzen können. Beim tanzen ist es leichter eine Message aufzunehmen. Ich wetter aber nicht gegen Dancehallartists weil sie keine Conscioustexte schreiben! Schlimmer finde ich Künstler die Consciousreggae singen, aber alles nur Fassade ist. Ich hab leider auch feststellen müssen das auch in der Reggaeszene mehr Babylon vorhanden ist als man denkt und erwartet. Aber die Fans merken irgendwann was echt ist oder nicht, vieles tritt ja auch früher oder später an die Öffentlichkeit. Als Künstler hat man auch eine Vorbildfunktion und Verantwortung, was mir aber erst in den letzten Jahren bewusst wurde. Wenn ich die ganzen Kids seh, die Bushido oder Sido hören, diese Message für bare Münze nehmen, denk ich mir nur, die Artists könnten eigentlich so geile Sachen machen, denn sie haben so viele Menschen quasi an der Hand, produzieren aber dann leider so nen Müll... Für vielen zählen eben nur die Verkaufszahlen, aber das ist nicht mein Ding! Mails von Fans, bei denen ich merke das meine Message bei ihnen ankam, bestätigen mich ja in meinem Handeln. Daher ist für mich das größte Lob wenn jemand über mich sagt ich wäre authentisch.

Beim durchblättern deines CD- Booklets ist mir aufgefallen, dass du die Baobab Familay und Fairwear supportest - was sind das für Organisationen und wie unterstützt du diese?
Die Baobab Family ist ein Projekt, das Andreas Triebel, ein Freund von mir, ins Leben gerufen hat. Er wollte Strassenkindern in Kenia das Leben ein wenig erträglicher machen und gründete Baobab in einem Vorort von Mombasa, finanzierte die ersten Schritte aus privaten Mitteln und seitdem geht es beständig und ohne den sonst üblichen Verwaltungsapparaten voran. Die Baobab Familiy ist in Kenia als nichtstaatliche Organisation anerkannt. Einen Teil der Kosten finanziert Baobab über Patenschaften und Spenden, Verkaufs und Infoständen auf Festivals, den Rest durch Benefizkonzerte zahlreicher deutscher Reggaemusiker. Wir Künstler haben ja auch einen Sampler aufgenommen, je ein Lied beigesteuert und einen Song gemeinsam eingesungen. Der Erlös dieser CD geht komplett an Baobab. Viele bringen mich inzwischen auch sofort mit dem Projekt in Verbindung, daher trete ich auch gern dafür ein, packe Baobab-Logos auf meine Alben usw. www.baobab-family-project.org
Fairwear ist eine kleine Firma aus Freiburg, die hauptsächlich Klamotten aus fairem Handel vertreiben. Meinem Management und mir war schnell klar, dass mein Merchandising Stuff fair gehandelte Ware sein muß. Ich hab mich daraufhin im Internet schlau gemacht, mir dort sämtliche Firmen betrachtet und war erst mal sehr schockiert. Es ist unglaublich, bei wie viele Textilfirmen man sich nicht sicher sein kann, ob Kinderarbeit oder sonstige Ausbeutung dahintersteckt. Die anderen Firmen, die fairtrade anboten, waren so teuer, da hätten wir dann ein T-Shirt für 25 Euro verkaufen müssen, was wir aber auch nicht wollten, denn ein Großteil meiner Fans besitzt nur Taschengeld bzw. wenig Geld. Trotzdem wollte ich Fairtrade Merchandising oder eben gar nichts. Stefan von Soulrise kam dann auf die Idee, sich nen Sponsor zu suchen, mein Label Raintonmusic machte sich auf die Suche und ist dabei auf Fairwear gestoßen. Von ihnen bekommen wir die Shirts zu einem Preis, an dem sie selbst nichts verdienen und können sie so für 15 Euro anbieten. Die Sachen aus fairem Handel (zusätzlich Bio!) können wir aber nur dank dieser Unterstützung den Fans anbieten.
http://www.zuendstoff-clothing.de/

Was hast du dir für 2008 noch so alles vorgenommen?
Den großen Masterplan für 2008 habe ich nicht. Ich will erst mal schaun wie „Soul to Soul“ ankommt und sich verkauft. Derzeit kommen ständig neue Termine für die laufende Tour, die Festivalauftritte stehen vor der Tür und im Gespräch ist auch noch eine Herbst- / Wintertour zusammen mit Ganjaman und Uwe Banton, aber das ist noch nicht so ganz spruchreif. Im August gönne ich mir  2 Wochen Urlaub und hoffe, im Herbst noch ne Tour auch durch Österreich hinzubekommen. Oktober / November wollte ich etwas weniger spielen, da ich bei der Akademie noch ein Examen ablegen muß, aber ich laß mich eh wieder breit schlagen, so wie ich mich kenne... Ins Raintonmusic Tonstudio will ich natürlich auch schnellstmöglich wieder, da ich schon zig neue Ideen und Songs für ein neues Album mit Band habe, welches  spätestens in eineinhalb Jahren erscheinen soll. Ansonsten bin ich selbst noch mächtig gespannt auf 2008!
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