Plattenreiter Kantate In Berlin da geht was, natürlich dank all der Sounds und Veranstalter, aber auch wegen einer Reihe von Artists. Mit „Berliner Schauze“ in Deutschland bekannt zu werden, ist sicherlich nicht einfach. Kantate hielt durch und überzeugte die Massive mit Wortwitz, „Görli Görli“ wurde 2003 deutschlandweit ein Hit.
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BigUp! Du bist ja auch Radiomoderator, Comedian und Hörspielsprecher. Wie passt das alles unter einen Hut bzw. den Plattenreiterhelm?
P.R. KANTATE: Die Aufzählung war noch nicht ganz vollständig: Ich baue auch mein eigenes Label  „Stock & Stein“ auf und leite eine Laien-Gesangsgruppe, den Völkerchor im Berliner Musikverein POPULARE e.V..
Mir wurde und wird oft angetragen, ich sollte doch lieber kürzer treten, mich ausschließlich auf eine Sache konzentrieren und beispielsweise nur der lustige Popstar sein. Oder nur noch ernste Konzerte machen oder nur das Label führen.
Ich muss zugeben, dass ich oft zwischen all den Projekten stehe und sich mir auch oft der Kopf dreht. Ein Glück habe ich aber in allen Bereichen ein Team, das aus eigenem Interesse an den Dingen mitarbeitet, wo Aufgeben verteilt werden können. Letztendlich bin aber doch ich verantwortlich für das gesamte Gelingen. Das ist teilweise eine Last, teilweise ein starker Antrieb. Die Musik steht im Übrigen weiterhin an erster Stelle und findet sich ja auch in den anderen Bereichen wieder.

Plattenreiter Kantate


BigUp! Denkst du mit dieser Vielseitigkeit eine Ausnahme in der Reggaeszene zu sein?
P.R. KANTATE: Naja, vielleicht konzentrieren sich die allermeisten Reggae- und Dancehallkünstler wirklich nur auf die eine Sache die sie - mal mehr mal weniger gut - können:
Singen, Toasten, Deejayen und die Bühne rocken. Hut ab! Do what You do best! Diese Künstler haben ihre eine Aufgabe, die sie mit aller Kraft verfolgen. Sie produzieren keine eigenen Riddims, arrangieren nicht die Songs mit ihrer Band, haben keine eigenen Studiomöglichkeiten, geschweige denn ein eigenes Label und wissen nicht, was Gema, Gvl, Vg Wort und das Finanzamt eigentlich sind. Theater, Kostüme und Comedy sind für sie vielleicht Dinge, die im Reggaebiz nix zu suchen haben. Es gibt allerdings doch auch viele Beispiele, wo das anders ist. Dr. Ring Ding ist auch Hörspielsprecher, „Rootdown“ ist ein Künstlerlabel, und „Twin of Twins“ haben endlich auch aus Jamaica ein laut vernehmbares Reggae-Comedy Signal ausgestrahlt. Trotzdem weiß ich, dass meine Art mit Reggae umzugehen, hierzulande eher unkonventionell ist, und eher aneckt als „Seeed“ oder „Gentleman“. Ich freue mich da über Leute wie Ronny Trettmann, „Ibk-Tribe“ und „Mama Boom“, die die Humor-Grenzen genau auscheken und ihre Mundart pflegen, so wie icke. Ich habe schon vor Jahren in einem Interview gesagt, dass ich mir deutschsprachigen Reggae in allen Dialekten und Slangs erträume. Berlingua is mein Ding, und dit mach ick schon seit 15 Jahren. Mittlerweile fühle ich mich sehr bestätigt und nicht mehr so allein auf weiter Flur.

BigUp! Eine deiner Figuren, die du auf der Bühne spielst, nennst du „Ras Krass“. du verkörperst mit diesem Alter Ego in auffällig rot-gelb-grünem Dress einen weißen Conscious-Dancehall-Artist. Du sprichst dabei breitestes Patois und coverst bekannte Popnummern und Reggaeclassics. Bei vielen Zuhörern stößt du damit an die Geschmacksgrenze oder trittst ihnen sogar auf den Schlips. Was willst du damit bezwecken?
P.R. KANTATE: Ras Krass... ja der Typ drängt sich in jeder Show auf die Bühne und will dem Publikum mal zeigen, wie richtiger Reggae geht. Dabei beschimpft er P.R. Kantate dann als „Faker and Clown“ und schreit Sprüche wie „Else-Lasker-Schüler-Alaska-Seelachs-SalzigerLassi-MangoLassie-Eisdiele-I“, in der Hoffnung, das deutsche Publikum würde, wie oft bei den Jamaican Artists, ehe nix verstehen und einfach mitjubeln. Ras Krass kommt aus „Ildes-eim, Jamaica“, ist also ein waschechter deutscher Wannabe-Jamaican Es gibt bestimmt Leute, schwarze und weiße Deutsche und Jamaikaner oder Afrikaner, die stark irritiert davon sind, und es gleich auf sich beziehen. Ehrlich gesagt warte ich bei jeden Gig auf die Bierflasche am Kopf. Dann würde Ras Krass wahrscheinlich von der Bühne rufen: „Eh, me Bredda! Next time yuh fling bokkle pon me, tek a plastic, so me can get mi 25 Eurocent Pfandmoney for it inna di HALDI-Market, seen!“